The Strokes – Angles

von Daniel Felleiter



Nach mediokren bis schwachen Selbstfindungsversuchen sind die Jungs
mit dem epigonenreichen „The“ im Namen nun also wieder im Studio
gewesen. Und natürlich kursieren wieder die alten Geschichten um
monatelange, psychisch aufreibende Recordingsessions, blankliegende
Nerven und manischen Sound-Perfektionismus. Julian Casablancas,
vormaliges Mastermind, ahnte das wohl und hielt sich aus der Sache
gleich komplett raus. Er sang seine Parts in einem anderen Studio ein.
Während pitchforkmedia, Zentralinstanz des Indie-Spießertums, die
Platte mit einer 5.9 (mit einem Gastauftritt von Thom Yorke wären es
mindestens 7.4 geworden) abstrafte, sah sich das popkulturell
ambitionierte Feuilleton der Süddeutschen Zeitung in einer
inhaltsleer-aufgeblasenen Besprechung gleich dazu veranlasst, die
völlig abgehalfterte These der „Wiederkehr des ewig Gleichen“
hervorzukramen. Der notorisch verschnupfte Julian Casablancas, die
engen Hosen, die Powerchords immer noch genauso verschrammelt und
überhaupt: Die Zeit ist ja bekanntlich seit zwei Dekaden
stehengeblieben, als theoriebelesener Poprezensent denkt man da
natürlich an Virilios „rasenden Stillstand“. Das alles ist zum Glück
völliger Blödsinn, denn im Gegensatz zu den jüngst schwächelnden
Radiohead erweisen sich die Strokes als völlig diskursresistent. Sie
wissen um ihre Stärken und machen auf „Angles“ einfach das, was sie am
besten können: Präzisen High-Tech Indierock, dessen Magie sich im
Schwanken zwischen unbeschwerter Euphorie und melancholischer
désinvolture entfaltet. Mit ostentativ-nasaler Müdigkeit besingt
Casablancas den Ennui der urbanen Informiertheit, das resignative
Wissen um die Nutzlosigkeit des Distinktionsvorsprungs. „I’m ok, I’m
alright / I was out last night / empty world, empty world / I will
wait one more night“ heißt es in „Games“, dem wohl überraschendsten
Hit der Platte. Durch den ungewohnt knackigen Bass von Nikolai
Fraiture gewinnen die Songs an erfrischender Tanzbarkeit, die
staubtrockenen Riffs der Vorgängerplatten klingen nun wesentlich
satter. Mit „Call Me Back“ ist sogar ein Ausflug in balladeske
Songwriter-Gefilde gelungen – ein Genre für das man Casablancas zwar
keine eigene Soloplatte wünscht, aber auch hier entfaltet sein
resignatives Timbre seinen speziellen Zauber. „Angles“ ist eine
großartige Platte geworden. Wenn die Wiederkehr des ewig Gleichen so
erfrischend sein kann: Nächste Runde bitte!

Daniel Felleiter

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