Vom Anfang bis zum…
Warum sitze ich hier und verfasse einen Text für ein Magazin? Für die Antwort muss ich ganz zum Anfang zurück gehen, genau zu dem Zeitpunkt, als Techno anfing, mich um seinen Finger zu wickeln. Doch was ist passiert, dass ich eine Symbiose aus zwei Musikstücken faszinierend und unvorstellbar aufregend fand? Die ersten eingehenden Cluberfahrungen sind Zustände, an die man sich wie an seine erste Liebe erinnert. Die ekstatische, eng miteinander verbundene Vertrautheit vollkommener Verblendung. Angefixt von dieser fraglichen Liebschaft zieht es mich nächtelang in die Technotempel, als wäre man frisch im Honeymoon, doch die antimetaphysischen und psychischen Gegebenheiten zwingen Dich, deine Liebe nur an zwei Tagen zu leben. Was dann hieß, zurück in die Realität.
Der DJ, der Medizinmann der Neuzeit, der mit monotonen magischen 4/4-Takten der Strippenzieher im Puppentheater ist, zieht mich unaufhaltsam immer tiefer in seinen Bann. Man fragt sich schon, wie er selbst die ekstatischen Augenblicke wahrnimmt. Eigens die Nadel auf das unschuldige Vinyl zu legen, Teil dieses magischen Momentes zu werden. Das Steuer an sich zu nehmen, um das Raumschiff in die unendlichen Tiefen der Gefühlsspektren zu schießen. Initiator des unbeschreiblichen Gefühls zu sein und im selben Moment sich seinen eigenen, freien Lauf zu lassen.
Dies war eines der erträumten Ziele meines Daseins. Doch der Weg dahin schien weiter zu sein als das Universum, das Vorankommen liegt auf der zwischenmenschlichen Basis und man muss darauf achten, nicht wegzuschweben.
Wie lange dauert es also, dieses Gefühl zu verspüren? Die Erfahrung sagt, bis man darauf zurückblicken kann. Und sie sagt auch, dass dieses Gefühl Aufgaben anzieht, wie Texte für Magazine zu schreiben.
Text: Fred Kreeger
Alte Legenden, neue Entdeckungen
Es gibt wohl kein anderes Musikgenre, das wöchentlich mehr Veröffentlichungen ans Licht bringt als Techno. Bei dem Überangebot ist es nicht immer einfach, das zu finden, was man eigentlich sucht. Oft weiß man auch gar nicht, was man eigentlich sucht! An manchen Tagen reicht bereits ein druckvoller Kickdrum und eine simple Bassline – manche nennen das Minimal – an anderen Tagen muss es funky oder perkussiv sein. Je nach Tagesform. Womit man mich allerdings immer hinterm Ofen hervorlocken kann, sind rasselnde Hi-Hats, gepaart mit Claps und Snares. Je roher die Sounds, desto besser. Musik, die mich verprügelt und auspeitscht und trotzdem zärtlich zu mir ist. Technoiden MasochistenHouse kann man das vielleicht nennen. Neue Tracks in diesem Stil sind leider extrem rar. Daher habe ich beschlossen, mich auf die Suche nach alten Platten zu begeben.
Mein erstes Fundstück ist „Carl Craig’s Paperclip Remix“ von Green Velvets „Flash“ aus dem Jahr 1996. Der Track startet ohne zärtliches Vorspiel des bereits beschriebenen Kettengerassels. Um aber nicht unhöflich zu sein begrüßt uns Green Velvet höchstpersönlich, drückt jedem eine Kamera in die Hand und gestattet auch Fotos zu machen. Das waren damals noch Zeiten! „We’ve been here not more than thirty seconds, and already I see a bad little kid doing bad little things.“ Genau diese Dirtyness, die ich gesucht habe! Als Carl Craig nach 3 Minuten Rasselei auch noch gefühlvoll den Fader für die Bassline hochzieht, verstehe ich endlich, was seine Musik ausmacht. Der Mix als Kunstform. „Cameras ready, prepare to flash!“
[audio:http://proudmagazine.de/uploads/Green-Velvet-Flash.mp3|titles=Green Velvet – Flash]Text: Uwe Krass
Wie überzeugt man jemanden vom Techno?
1. Kauf Dir ein Auto.
2. Immer wenn Du mit Deiner Bezugsperson nach Hause fährst, lass ein dunkles Techno-Mixtape im Anschlag laufen.
3. Leugne, dass Du noch andere Musik besitzt.
4. Keine Pausen, wenn Dein Beifahrer leiser macht, mache subtil mit einem Satz wie: “Ey, achte mal auf den Sound, das klingt als wärst du in einem U-Boot und jemand schlägt gegen die Rohre!” wieder laut und ignoriere seinen verzweifelten Gesichtsausdruck.
5. Nun eine Stufe weiter. Ab mit der Bezugsperson in die richtigen Clubs. Fang hier nicht gleich hardcore an. Erstmal einen Club, der in Richtung Bastardpop geht. Ihr trinkt am besten so viele Drinks, dass es erträglich wird. Du musst durchhalten und immer wieder anspornen zu bleiben. Ein Wochenende mehr oder weniger durchmachen.
6. Zwischendrin immer paar positive Erlebnisse streuen, zum Beispiel Frühstücken, Sex, Obst oder so.
7. Aber: gib dem fluffigen, leichten Pop-Elektro nicht zu viel Macht.
8. Jetzt geht’s an den Techno. Wieder ein Wochenende, diesmal mindestens 40 Stunden nonstop Action.
9. Jetzt schenkst Du Deiner Bezugsperson das Automixtape.
10. Gut gemacht.
Text: Pumpa Peta
Verwöhntes Berlin
„Jungs, heute will ich richtig feiern gehen!“, posaunten meine angetrunkenen Stimmbänder. Nach viel Alkohol und Kartenspielen rafften wir uns aus dem Haus auf und gingen auf die Straße. Es ist still, da es nach Mitternacht ist. „Und wohin nun?“, fragt der schwankende Australier. „Ich habe Hunger!“, hustet der Engländer dazwischen, der am meisten von allen säuft. „Das kann man vergessen. Genauso wie eine musikalisch anspruchsvolle Feiernacht mitten in der Woche! Höchstens eine Bar“, sage ich verzweifelt, denn ich stelle eines fest: ich bin nicht in Berlin. Also geht die Nacht in einer Bar mit schlechter Pop-Musik zu Ende. Prompt habe ich Heimweh in Asien und merke, wie verwöhnt ich bin.
Berlin… welch einzigartiges Terrain Du doch bist! Für alle, die es noch nicht gemerkt haben, wir leben in einer tollen Stadt! Ist Euch mal aufgefallen, wie billig es hier im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten ist? Wir können uns blöd konsumieren, kreativ ausleben und krass austoben! Zum Beispiel habe ich es vermisst, bunte Wände zu lesen und mit Freunden zu Techno zu tanzen… andere vielleicht die Mauer.
Ich will einfach nur loswerden, dass es mir während meiner Reise noch bewusster geworden ist, wie frei man hier sein kann. Fast grenzenlose Möglichkeiten und wir sollten dies schätzen, denn wenn wir nicht aufpassen, geht in unserem Sumpf einiges schief. Die Stadt verändert sich immer mehr durch ihren Verkauf, weil die auch merken, wie geil und profitabel Berlin ist! Ich bin kein schwarzer Maskenträger mit geballter Faust, aber wir sollten einfach ab und zu aus unserem Exzess und Überschuss aufwachen und verhindern, dass wir wie jede andere Stadt werden. Wir sind verwöhnt. Ich liebe es!
Text: Ron Wilson
93 Till Infinity
Hip Hop ist sowas von tot.
Zehn Zeilen um die Veterane der Nineties zu würdigen.
1. Souls of Mischief – 93 Till Infinity
2. Too Short & Eazy E – Players club
3. Wu Tang – I Cant Sleep
4. A Tribe Called Quest – 1nce Again
5. Notorious B.I.G. – Juicy
6. Snoop Doggy Dog – Jin and Juice
7. 2PAC – To Live & Die In L.A.
8. Wu-Tang Clan – C.R.E.A.M.
9. Jay Z – Sunshine
10. Onyx – Slam Harder
Text: Tim
Elektronischer Hörgenuss On Air
Im Gegensatz zur Clubkultur sieht es auf der Berliner Radiolandschaft, dem am härtesten umkämpften Radiomarkt Europas, für Liebhaber der elektronischen Musik recht düster aus. Zwar bietet die Bar25 einen Internetstream mit Aufzeichnungen und Liveübertragungen aus der Ranch an, doch wurde die Institution für elektronische Musik im Berliner Radio, Marushas Rave Satellite, schon im August 2007 abgesetzt.
Da hat Russland mehr zu bieten. Seit 2002 bietet Moskaus Deepmix einen Internetstream mit ausgewählten DJ- und Livesets größtenteils russischer Künstler an. 24/7 gab es Deep- und Techhouse, Minimal-Techno und Electronica auf die Ohren. Kostenlos, weltweit. Leider beschränkt sich Deepmix heute fast ausschließlich auf Deephouse.
Der aus Radio Tochka hervorgegangene Web-Sender RTS.FM konzentriert sich auf die Genres, die Deepmix so bekannt und beliebt gemacht haben. Der Newcomer bietet aber keinen konventionellen Audiostream, sondern zeigt fast täglich Live-Videostreams aus dem Moskauer Studio oder aus befreundeten Clubs. Neben den vielen russischen Resident-DJs wie Amesh, bvoice oder Anrilov, die sich auch hierzulande durch Deepmix in der Szene einen Namen machen konnten, zeigen auch international bekannte Größen wie Minilogue, John Tejada oder Radioslave ihr Können. Dass sich die Künstler in einer kurzen Videobotschaft und auf eigenen Profilseiten mit Biografie und Fotos vorstellen dürfen, ist ein echt nettes Sahnebonbon. Die Aufzeichnungen der Shows können sich registrierte User auf der gänzlich in Flash gestalteten Webseite jederzeit anschauen. Jedoch ist zur Registrierung eine Einladung nötig, die wiederum mit einer freundlichen Email zu bekommen ist.
Text: Cotumo
Redaktion
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