Soberdose thailändisches Potenzmittel

von Miron Tenenberg


Allein die Dosis macht das Gift. überprüft, ob Paracelsus mit diesem Satz Recht hatte und testet Alltägliches auf unerwartete Eigenschaften. Nennt uns Eure Hausmittel und wir sagen Euch, was sie bringen. miron@proudmagazine.de

Eines vorweg: Grundsätze gibt es, um gebrochen zu werden. Wir wollten in dieser Rubrik nur Legales auf die Rauschfähigkeit testen, aber jetzt stoßen wir an unser Limit. Denn was wissen wir schon über den Inhalt eines thailändischen Potenzmittels ohne ein Wort Thai zu verstehen? Nichts.

Wir befinden uns mitten auf dem Bangkoker Gewürzmarkt zwischen Henna und exotisch duftenden Pulverbergen. Da fällt uns ein Stand auf. Dieser bietet, anstatt offener Ware, wie alle anderen, hunderte kleiner Döschen an. Klar, es wird eines mitgenommen. Wir entscheiden uns für das schönste Tiegelchen. 80 Baht, etwa 1,75 Euro kostet dieses, woraufhin die Verkäuferin in bester asiatischer Manier verlegen den Blick senkt und mit vorgehaltener Hand anfängt zu kichern. Wir lächeln höflich, aber fragend. „It’s for hmm-hmm“, sie reckt dabei ihren kleinen Finger mehrmals nach oben. Schon klar, hmm-hmm. Zehn schwarze Kügelchen in Watte finden sich in der Dose. Die könnten rein pflanzlich sein, immerhin ist eine Blume und eine 100% auf der Verpackung aufgedruckt. Wer weiß das schon. Jedenfalls sieht die Blume nicht wie Butea superba oder Ginseng aus, welche in Thailand häufig zur Steigerung der Potenz genommen werden. Ich hoffe, dass es kein zerriebener Tigerpenis oder gar Schlangenkacke ist – beziehungsweise Kaninchenkünkel. Dafür sind die Dinger aber zu hart und riechen nach billigen Kerzen. Egal, ich entscheide mich für vier auf einen Streich. Zwei werden zerbissen, zwei geschluckt.

Shit ain’t sweet – das ist meine erste Assoziation. Anfänglich schmecken die zerkauten Pillen grauenhaft bitter, dann legt sich eine ekelhafte Säure zwischen die Zähne und der Mund wird untragbar pelzig. Schnell mit Wasser und Wein gespült und ab in die Laken. Ab hier hätte es eine Erfolgsgeschichte sein können, ob es nun reine Einbildung ist oder nicht, ich merke wie sich mein Blut freut in die Lende zu strömen. Es fehlt nur noch der Schlüsselreiz, ich will nackte Haut.

Sie begnügt sich hingegen mit CDs aus alten Beziehungen. Sie müsse das jetzt unbedingt hören, ob es mir gefalle? Nein. David Gray, Singer-Songwriter. Das scheint sie nicht zu stören. Ich vermute eine Übersprungshandlung, von wegen Sex auf Kommando. Gefällt es Dir wirklich nicht? Keine Antwort, ich will ihr ja nicht vor den Kopf stoßen, wenn es nunmal ihre wichtige Musik ist. Und? Nein. Sie legt die zweite CD von ihm rein. Ich warte immer noch auf die Gemeinsamkeit. Wenn wir nur knutschen würden! Sie dreht sich hingegen um und lässt sich in der Musik fallen, für die mir keine Situation einfällt, in der ich diese spielen würde. Doch, falls Kaa die Schlange, mich versuchen würde zu hypnotisieren. Aber doch nicht, wenn ich gerade Kaas Kacke gegessen habe. Mir wird schwindelig. Ich verabschiede mich von den Vorstellungen, diese Frau beben zu sehen und versuche meine Gedanken in die große weite Welt zu schicken. Irgendwo auf exotische Märkte, zwischen Kräutern und Gewürzen und nehme mir von dort sechs Potenzpillen mit. Für das nächste Mal.

Text Miron Tenenberg

Layout Vinzent Britz

Miron Tenenberg

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