Senor Coco-Not

von Lev Nordstrom


Wir wussten ja nicht worauf wir uns da einlassen. Na gut, vorgewarnt hat man uns schon. Uwe Schmidt, der Mann hinter dem Arbeitstitel Señor Coconut philosophiere gern. Aber bei 45 Minuten Interviewzeit und rund 800 Worten Platz im Magazin, bleibt nicht viel Raum für Erkenntnis. Leider.

Ich bin natürlich neugierig, was deinen Werdegang betrifft.

Oh je.

Du lebst in Chile, bist aber nicht dort geboren. Das ist sozusagen deine Wahlheimat.

Also das Wort Heimat würde ich erstmal außen vor lassen. Ich lebe seit 13 Jahren in Chile, bin in Frankfurt geboren und habe dort gelebt bis vor 13 Jahren eben. Heimat gibt es dann irgendwann nicht mehr, wenn man weggezogen ist.

Señor Coconut ist aber schon das Pseudonym, das aus der Masse deiner Pseudonyme heraussticht.

Coconut ist die Oberfläche, genau.

Und wer ist dann Uwe Schmidt?

Es sind ja keine Pseudonyme. Das sind Arbeitsideen. Genauso wie das Ding hier proud heisst, so heisst die Musik Señor Coconut. Da verliert man sich nicht drin und denkt sich, „bin ich jetzt proud, oder bin ich etwas anderes?“

Aber da kommt doch bestimmt jeder Zweite zu dir an und sagt, „du bist doch nicht Uwe, du bist Señor Coconut“.

Uwe bin ich sowieso nicht. Man ist ja immer irgendwas, für irgend wen. Man ist immer eine Projektion von irgendwas, oder eine Vorstellung von jemandem von irgendwas.

Aber kannst du dich definieren? Oder herrscht da ein innerer Konflikt?

Nein. Den habe ich aufgelöst, diesen inneren Konflikt. (lacht) Und zwar gab es da so ein paar Momente in Chile, von denen ich vorher schon wusste, dass es die gibt: Veränderung der Situation dem neuen Ort gegenüber und aber auch dem alten Ort gegenüber. Und so nach sieben Jahren gab es dann eine Art persönlichen Knackpunkt, wo ich dann definieren musste, was ich jetzt eigentlich will, wo ich jetzt eigentlich bin? Also habe ich mich für eine Art Orbit entschieden, wo man sagt, man ist jetzt nur noch sich selber. Ich kann mittlerweile eigentlich sehr sicher sagen, dass mich nur noch sehr wenig berührt.

Soundcloud Megamix Senor Coconut 2010 by essayrecordings

Inwiefern lässt du dich dann noch auf deine Umwelt ein, oder nimmst diese wahr?Ich meine, schmeckt das Essen noch?

Ja, super. Je unabhängiger man ist, umso besser schmeckt das Essen. Ich lese eigentlich keine Zeitung, ich habe keinen Fernseher und ich gehe auch nicht ans Telefon.

Was gibt es außer der Musik noch für dich? Ich habe gehört, du philosophierst gerne.

Ja, aber ich habe immer wieder solche Phasen. Ich habe jetzt seit drei Jahren kein Buch mehr gelesen. Hatte aber vorher ganz viel gelesen, zu bestimmten wirren Dingen. Ich lese sehr gerne etymologische Wörterbücher, oder Landkarten, so Geschichtslandkarten. Mein Leben ist ein Netzwerk von Verkettungen, wo ich immer hoffe das Momente oder Dinge auf einmal Sinn machen, dass sie passen. Irgendwann fallen Sachen zusammen und die bekommen einen Arbeitstitel, proud oder Señor Coconut, oder was auch immer.

Bist du ein politischer Mensch? Mir geht es um dieses sich beeinflussen lassen und sich ein Identität aneignen, die nicht aus sich selbst heraus generiert ist.

Nein, überhaupt nicht. Das Grundproblem der Menschen, ist dass sie sich zuerst um die anderen kümmern. Das ist das größte Problem. Das ist ein christliches Problem, das christliche Stigma. „Liebe deinen Nächsten“ ist eigentlich ein super Leitmotiv. Aber man kann den anderen nur helfen, wenn man sich selber im Griff hat.

Worüber lachst du am liebsten?

Das Lachen wird schwierig, wenn man in mehreren Sprachen unterwegs ist. Ich mag Sprachhumor sehr gerne, der auch so deutsch ist irgendwie. Dumme deutsche Wortspiele finde ich gut. Ich schaue gerne Komödien, auch so total dämlichen Humor. Ich habe eine Tochter, die ist elf. Letztens war sie mit einer Freundin bei uns. Da habe ich ihnen zugeschaut und habe festgestellt, die lachen die ganze Zeit. Die haben die Top-Zeit irgendwie permanent. Das fand ich phänomenal. Warum habe ich das eigentlich nicht? Wann hört man auf, so wie ein Kind permanent eine gute Zeit zu haben? Das fand ich beneidenswert. Ich will das auch, so wie sie den ganzen Tag eine gute Zeit haben, ohne irgendwie in Dummheit oder Oberflächlichkeit zu versinken. Das ist eigentlich so das Arbeitsmotto, das Arbeitsprogramm bei mir.

Señor Coconut spielt am 18.12. im Admiralspalast (Ja, ist noch eine Weile hin)

Die ersten beiden Alben, El Baile Alemán und Fiesta Songs, sind als Re-Releases auf Essay Recordings wieder erhältlich!

Hier gibts eine Hörprobe vom aktuellen Album “Around the World”

myspace.com/ senorcoconutuk

senor-coconut.com

Interview Lev Nordstrom

Grafik Vinzent Britz

Lev Nordstrom

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