Verehrte Leserschaft,
was habe ich in der letzten Kolumne bitte geschrieben? „In der kommenden Ausgabe hinterfrage ich die Leuten, welche ihre eigenen Hausschuhe mit auf Besuch zu Freunden nehmen.“ Es tut mir wirklich leid, aber in den Elternhäusern außerirdischer Haarviecher wird gewöhnlich nicht Deutsch gesprochen. Habt also bitte Nachsicht, wenn es mal nicht so will, wie es sollte. Jetzt nochmal richtig und aktuell: In dieser Ausgabe hinterfrage ich die Einstellung der Leute, die ihre Hausschuhe zu Besuch bei anderen mitnehmen. Yeay.
Herzlich willkommen also
in meiner Kolumne. Da Ihr großes Interesse an meinem Leben gezeigt habt und Euch anscheinend die Exo-Sneakeria so anturnt, gibt es jetzt meine Abenteuer in den Monaten ohne Mag auf proudmagazine.de zu lesen. Eure monatliche Portion Haare und Schuhe ist somit gesichert!
Gerade weil ich kein deutsches Elternhaus genossen habe, kann ich aus meiner Outsider-Position heraus eine schöne deutsche Eigenart feststellen: zu Besuch bei Bekannten seine eigenen Hausschuhe mitzubringen und diese tatsächlich zu tragen. Glücklich ist, wer die DDR seine Heimat nennen konnte, denn dort gab es sogar Besucherpantoffeln, falls man schlampigerweise seine eigenen vergessen hatte. Diese wurden gerne in einer XXL-Filzpantoffel, die an der Wand im Eingangsbereich hing, aufbewahrt. Da es ohnehin nur ein Modell für das gesamte Volk gab, fühlten sich somit alle gleich behaglich, sobald sie die Filzlatschen in fremden Korridoren sahen. So einfach und schön war das damals. Im Westen musste man hingegen Omas Schlappen mit Korkabsatz anziehen. Freundlich ausgedrückt wären das Peeptoes, nur dass fast alle Zehen vorne herausguckten. Damit schlurfte man durch die Wohnung und durfte sich wie Oma fühlen.
Zum Glück haben sich die Zeiten geändert.
Dennoch sind gerade im Winter Hausschuhe etwas Feines; puschig und praktisch, bequem und bekleidend weisen sie die Träger als Menschen mit eigener Wertschätzung aus. Schön warm vor dem Kamin sitzen, gelegentlich in den Keller gehen um Holz hoch zu holen. Dabei die ganze Zeit warme Füße behalten, obwohl es draußen bei 20 Grad unter dem Gefrierpunkt klirrend kalt ist. Hausschuhe zu tragen, bedeutet sich selbst zu lieben!
Zu einem anderen Zweck kann dieses Paar Asics gar nicht produziert worden sein. Ich meine: Canvas als Obermaterial für eine Winterkollektion zu benutzen, deutet entweder dezent auf unüberwindbaren Optimismus hin oder auf eine Zielkundschaft in Ländern nahe dem Äquator. Stellt Euch vor, ich hätte die zu dem grauen Berliner Straßenslush angezogen, den es nun im zweiten Winter in Folge gab. Dann hätte es wohl eher zwei Kollektionen in einer Wintersaison geben müssen!
Nein, bei den Aarons handelt es sich eindeutig um Hausschuhe für die kalten Wintermonate zwischen dem zweiten Weihnachtsfeiertag und dem verpennten Frühlingsbeginn. Ihr könnt Euch aber sicher sein, dass es die schönsten Hausschuhe sind: Keine Lammfellfütterung, keine Ökomauken, keine infantile Stoppersohle, wie sie Kindersocken besitzen, die es natürlich auch in Größen für ambitionierte Eltern geben muss. Außerdem kein Filz und kein Korkabsatz, falls Euch der Schreck aus der Kindheit noch im Nacken sitzt. Nein, diese grauen Sneaker sind ein Stück moderne Winterkultur für Leute, die lieber losen Krausminze-Aufguss vom Fachhändler mit gutem Thymianhonig trinken als den billigen Ceylon-Assam-Beuteltee mit länger haltbarer Frischmilch und teurem Single-Malt-Whiskey. Lieber durchgehend unauffällig mit weniger Pomp und mehr Bewusstsein als miteinander vermischte Extreme, die einen in Verruf bringen.
Aber was soll der philosophische Scheiß überhaupt?
Fellmonster haben von Natur aus nichts gegen den Winter, geben also ein feuchtes Gewöll auf Eiseskälte. Wir belächeln Euch nackte Affen einfach aufgrund des halbjährigen Geheules über die Temperaturen. Hört auf Euch zu rasieren, stoppt das Epilieren, verpönt Enthaarungscremes und Brazilian Waxing und genießt endlich den Winter!
Jedoch haben wir ebenfalls Schwachstellen: eine davon befindet sich auf der Unterseite unserer Tatzen, diese ist nämlich nicht behaart. Deshalb tragen wir auch in den R-Monaten immer Hausschuhe. Alle, immer!
Ratet mal warum wir so glücklich über den Niedergang der DDR sind! Genau, es liegt an den plötzlich ungeliebten Riesenfilzpantoffeln aus Erichs Fluren. Wer denkt, dass diese unbemerkt abgewickelt worden sind, irrt. Wir mussten uns zwar mit westdeutschen Ausbau-Schlossbesitzern um diese streiten, aber was ist schon ein zerkratztes Fischgrätparkett gegen eine Horde schlechtgelaunter, frierender Pelzungetüme? Hoffen wir also auf den härtesten Winter Eurer Erdengeschichte und Fußkälte über’s deutsche Vaterland.
Und nicht vergessen: proudmagazine.de checken!
Euer Schuhbacca
Schuhbacca
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