proud promo talk no.1

von Till Kolter


Wer hat schon mal versucht mehrere Musikrezensionen am Stück zu schrei­ben? Dabei auf Dauer Abwechslung und Nüchternheit zu gewährleisten ist fast unmöglich. Außerdem kommen einem die passendsten Kommentare sowieso immer spontan und im Dialog. Also haben wir uns professionelle Hilfe geholt und gegen die Nüchternheit proud in Alkoholikermanier einen Kasten Bier in die Runde gestellt. Die erste Runde unseres Promo Talks bildeten “The Swift” (Wilde Renate), “Mutlu” (Bar 25) und der Plattenfachverkäufer unseres Vertrauens “Delfonic” (OYE Records). Interpreten und Labels gaben wir jeweils erst nach dem Vorspielen bekannt und auf einer Skala von 1 bis 10 eingestuft.

1. Jay Shepheard & Tad Wily – Parallel Perc (Retrofit)

https://soundcloud.com/jay-shepheard/jay-shepheard-tad-wily-parallel-perc-retrofit-3-ep

Delfonic: Übergangsplatte. Die Frage ist, was spielst du als nächstes. Die Elemente sind ganz klar auf Funktionalität aus. Von der DJ-Seite würde ich es nicht spielen. Als Plattenverkäufer würde ich es auch nicht bestellen. (3)

Swift: Der erste Track ist bis jetzt gar nicht so schlecht, mal gucken, was noch kommt. Ah, jetzt geht’s leider nicht mehr. Die GameBoy Bleeps stören. Die zweite Nummer auf der Platte ist deutlich besser. Dennoch schlechte Platte, einfach nix besonderes. Die Soundästethik ist bei allen Liedern gut, aber so richtig packen, tut’s mich nicht. Zu wenig Überraschungen im Arrangement. (5)

Mutlu: Ein Break, bevor irgendwas passiert ist. Für meinen Geschmack etwas zu billig und lieblos. (5)

proud: Klingt ein bisschen wie Super Mario. Vom Groove her erinnert es mich an die guten Momente, die ich in der Bar25 hatte. Mit dem Chic-Vocal versucht da noch jemand scheinbar auf den Disco-Zug aufzuspringen. (5)

 

2. Bjørke and Barford – Superbacon EP (Mirau)

https://soundcloud.com/kasperbjorke/bjorke-barfod-superbacon

Delfonic: Ich hoffe, dass das keiner auf Vinyl presst. Wenn ja, dann ist es zu spät. Klingt stark nach Border Community. (3)

Swift: Der erste Track hört sich nach einem Überalarm an, der mir schon fast zu anstrengend wird. Zu übertrieben nach vorn. Könnte im Arrangement spannender gemacht sein. Die zweite Nummer ist furchtbar. (3)

Mutlu: Das klingt ganz schön mächtig. Die Percussions beim dritten Track machen mich wahnsinnig, also im positiven Sinne. Auf jeden Fall Berghain-Musik. (6)

proud: Hat was bonanzamäßiges. Der Anfang passt gar nicht. Im Plattenladen würde ich auf jeden Fall ein paar Minuten weiterskippen. Eine enttäuschende Mirau Platte. (1)

 

3. Gene Hunt & Ron Hardy – Throwback EP 87 (Rush Hour)

http://www.beatport.com/track/throwback-87-original-mix/1403114

Delfonic: Das ist geil! Es ist ganz klar eine Old School Nummer. Eine Zeitgeist Nummer. Klingt wie eine alte Green Velvet Nummer, die Kick hat ganz schön Kraft. Schön. (8)

Swift: So ähnliche Platten hab ich auch, aber die spiel ich nicht, weil der Kontext fehlt, in den du so eine Platte einbauen kannst. Ein bisschen langsamer würd ich sie aber vielleicht auch spielen. (5)

Mutlu: Geht mir ähnlich, es wäre für mich ja allein von der Klangästhetik schon wirklich schwierig, so einen Sound einzubauen. Das Berliner Publikum verzeiht einem solche unangemeldeten Stilsprünge eher selten. (5)

proud: Ah, auf so was steh ich. Jack your body! Klingt unfertig und sehr analog. Dennoch geil. Aber ob ich das spielen würde, ist fraglich. (7)

 

4. Good Guy Mikesh & Filburt – Ours (We love this)

Delfonic: Erinnert mich an die ersten Prins Thomas & Lindstrom Sachen. Wenn ich die Wahl zwischen den alten Prins Thomas & Lindstrom Platten und dieser Platte hätte, würde ich die alten Lindström Sachen einpacken, weil es einfach frischer klingt. (6)

Swift: Die Platte würd` ich einpacken. Kann mir sehr gut vorstellen das erste Lied nachmittags in der Renate zu spielen. Extrem Arme nach oben. Der Remix von Marius Vareid eignet sich eher für den Anfang und das Original fürs Ende. Die beste Platte bis jetzt. (9)

Mutlu: Ich würde es spielen. Erinnert mich an “Jittery Heritage” von Einmusik. Alpen-Rave. (8)

proud: Die Platte nimmt dich mit auf eine Reise und erzählt dir eine Geschichte. Gänsehaut pur! Was fürs Herz! Toll! Italo Fans wird die zweite Nummer auf der Platte bestimmt gefallen. Unheimlich kitischige Melonie mit einem kräftigen Beat. (10)

 

5. Matthias Meyer – Miss Apre Gate EP (Liebe*Detail)

Delfonic: Die Bongos sind gesampelt und Standard und das läuft halt so durch. Eigentlich ist ja nix gegen Monotonie zu sagen, weil House baut auf Montonie auf. Eine gut funktionale Club Nummer. Nett gemeint. (7)

Swift: Standardware. Echt langweilig. (6)

Mutlu: Hat was martinbuttrichmäßiges. Ich hab die erste Nummer erst letztens im Club gespielt und die ist echt an die Decke gegangen. Zuhause klingt’s vielleicht langweilig, aber im Club explodiert die Nummer. (9)

proud: Die Grillensounds gehen auf die Nerven. Der Groove ist funktional, aber da passiert halt voll wenig. Solche Breaks wie beim zweiten Track mag ich gar nicht, vor allem, wenn vorher nichts war und nach dem Break auch nichts passiert. Laaaaaangweilig! (2)

 

6. James Chance And The Contortions – Incorrigible (Rong Music),

Delfonic: Geht ab! Die Orgel klingt dreckig. Sehr funky. (9)

Swift: Sehr acidmäßig fast! Die Orgel ist aber auch ein Kontrast zu den Gitarrensounds. Würd ich auf jeden Fall spielen. Ich find’s interessant, dass die Gitarre zu den 303 Acid Sounds passt. Hehe, die anderen Lieder klingen wie das, was meine Eltern zu Hause haben. Fast schon ein bisschen zu anstrengend. (8)

Mutlu: Das klingt ja richtig nach Live-Musik. Bis auf die erste Version ist das alles natürlich nur mäßig DJ-tauglich. Die Vocals funktionieren nur in der Club-Version, in diesem Funk-Kontext sind die unerträglich. (8)

proud: Schöne Kombination aus Acid, Sägezahnbassline und analogen Drumsamples. Funky und groovt total. Rong hält mal wieder musikalisch, was es verspricht. Top! (9)

 

7. Automatic Tasty- In it for the Money EP (Lunar Disko)

Delfonic: Ja, find ich auch gut. Naja, sagen wir es mal so: da drüben ist es arschkalt und deswegen müssen die auch so fröhliche Musik machen. (8)

Swift: Geile Space Disco Scheibe! Mag ich sehr gern. Zwar nicht immer so passend für Club, aber wenn, dann Bombe! Besonders den vierten Track kann man gut zwischendurch spielen. Dopplerefekt lässt grüßen. (9)

Mutlu: Klingt nach den alten Booka Shade Sachen. Die zweite Nummer klingt gar nicht so schlecht. (6)

proud: Cooler Elektrobeat. ein supersüßes irisches Label mit ganz verträumter Musik. (9)

 

8. Elef – Pardon (Dirt Crew)

Delfonic: Also, die Snares find ich total deutsch. PATSCH “Hast’s nun auch kapiert!” PATSCH “Hast’s nun auch kapiert!” PATSCH “Du musst jetzt tanzen!” PATSCH “Du musst jetzt tanzen!” (6)

Swift: Find ich gut. Der erste Track funktioniert sicher auf dem Dancefloor, wobei ich den dritten am interessantesten finde. Aber nicht speziell genug, es gibt genug Platten, die ähnlich klingen. (8)

Mutlu: Der erste Track ist wirklich sehr schön, die Vocals harmonieren wunderbar. Das ist eine Dirt Crew? Überrascht mich jetzt, klingt sehr reduziert, von Dirt Crew bin ich eher direktere Sachen gewöhnt. (7)

proud: 0815 House. Netter Groove. Die Vocalsamples sind abgelutscht und nerven. (4)

 

9. Session Victim – Million Dollar Feeling (Delusions of Grandeur)

Delfonic : Bombe! Es klingt ja jetzt schwer nach Lounge Musik, aber wenn du die Nummer im Club hörst, hast du einen ganz anderen Drive. (9)

Swift: Da geh ich mit! Die zweite Nummer ist auch supergeil. Tolle Sounds, toller Aufbau! Geil, geil, geil! So gut, wie man es von Delusions of Grandeur erwartet. (9)

Mutlu: Bei mir ist sie heute per Post angekommen. Das ist die neue Delusions of Grandeur, ich liebe den Remix von Gerd. Himmlische Platte. (9)

proud: Mal wieder eine Glanzleistung von Session Victim. Super housig, in keinster Weise abgedroschen, frisch, treibend, inspirierend. Highlight: Gerd’s Old School Mix! (9)

 

10. Mendes & Alçada – Night Of The Bath (Internasjonal)

Delfonic: Schönes Ding. Typischer Internasjonal Sound. Groovt ordentlich dahin. Mir gefällt dieses verträumt romantische Element. (8)

Swift: Könnte ein bisschen tiefer sein vom Sound, ist mir zu fiepsig. Klingt mir zu dünn. (7)

Mutlu: Wie die alten Kompakt Schaffel Sachen. (6)

proud: Hammer! Brett! 10 Punkte mit Sternchen! Poppig, schöner Drive, ne typische Para Nummer! (10)

 

11. Traks Boys – Starbust / Yellobirds (Internasjonal)

Delfonic: Also, wenn ich im Plattenladen Leute sehe, die sich einen Stappel House Platten nehmen und alles anskippen, dann werden sie die Tracks so oder so nicht verstehen. Und bei dieser Platte ist es so (obwohl sie gerade durchläuft), da gibt es einfach nichts zu verstehen. (9)

Swift: Ich finde die langweilig. Ich mag irgendwie die Sounds nicht. Die ergreifen mich einfach nicht. Das ist mir alles zu hoch. (7)

Mutlu: Puh, das ist alles ganz schön Cosmic. Das mit dem Japan-mäßigen Geklimper ist echt zuviel für mich.. Der vierte ist schon eher mein Fall. Spätestens beim Break geht das in Richtung Vitalic, und ich habe echt eine Schwäche für Vitalic. (8)

proud: Die ersten drei Lieder sind sehr verspielt. Highlight ist definitiv der TBD Remix, was für ein hypnotischer Groove. Auf der Tanzfläche bombt dich diese Nummer mit Sicherheit weg. (9)

 

12. Craig Bratley – Part Six (Instruments of Rapture)

Delfonic: Also ich meine ich nehme die Instruments Of Rapture alle blind mit, aber ich hab die einmal zu Hause kurz durchgeskippt. Ich fand die ein bisschen abgeschmackt. Die ersten 4 auf Instruments Of Rapture waren wahnsinnig stark, die 5 war gut und jetzt weiß ich es nicht mehr. Diesen Remix werde ich aber morgen spielen. Fashion Store, Freibier, hübsche Frauen, Skandinavier, der Kontext ist perfekt. (6)

Swift: Die Beste des Septembers. Der Burnt Casual Islands Remix ist der Hammer. (10)

Mutlu: Ich fand die auf´s erste Hören wirklich ziemlich enttäuschend. Wahrscheinlich muss man mal ein bisschen Zeit alleine mit der Platte verbringen, vielleicht klappt´s dann. (7)

proud: Ich bin ja ein großer Fan von dem Label, aber fand die auch insgesamt am langweiligsten von allen bisher. Werde sie mir aber bestimmt auch noch kaufen. Die Instruments Of Rapture 3 hatte mich am Anfang auch nicht so überzeugt und nun ist es diejenige Platte, die immer mit dabei ist. Der Burnt Casual Island Remix ist die einzig gute Nummer auf der Platte, die die Gesamtbenotung nochmal rettet. (8)

 

Text Till Kolter & Paramida Sabay

Fotos Vinzent Britz

 

Till Kolter

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