proud Artist Shoot mit I ♥ sunday

von Haniball Saliba


Ein ganz normaler Sonntag

Eigentlich müsste ich jetzt nach Hause gehen. Über 24 Stunden bin ich schon unterwegs, die Sonne brennt mir die letzten klaren Gedanken aus dem Kopf und ich habe viel zu wenig getrunken um wirklich dabei zu sein. Der nächste DJ an diesem Nachmittag auf einer Terrasse irgendwo in Berlin ist Chris von „I love Sunday“. Um die unvermeidbare U-Bahn Fahrt nach Hause, wo wahrscheinlich irgendwer von mir Geld oder Applaus für Scheißmusik oder eine Fahrkarte fordern wird, noch ein wenig außer Sichtweite geraten zu lassen, höre ich mir sein Set an. Der deepe, groovige Techhouse Sound setzt bewusste Höhepunkte und lässt Zeit zum Atmen. Chris schafft es die difuse Schönheit der durchtanzten Nacht noch einmal aufleben zu lassen und ich erinnere mich daran warum wir all dies tun. Weshalb wir Techno tanken, heißlaufen und starten und fliegen, bis niemand mehr weiß wo oben und unten ist und ob es das überhaupt gab. Der Energiepegel muss nicht immer auf Anschlag stehen um solche Momente zu erzeugen. Es ist einer der bewegendsten Auftritte der gesamten Veranstaltung.

Ein paar Wochen später treffe ich Chris und Julian – den Zweiten bei “I love Sunday”- im Club der Visionäre. Um uns herum, die typische Mischung aus von der Nacht angeschossenen Endlostänzern, Touristen und den üblichen Verdächtigen. In einer Ecke sitzend entdecken wir Howie, eine hessische Feierikone aus dem Robert Johnson in Offenbach, dem einstigen Stammclub der beiden Wormser. „Der ist wirklich überall, unglaublich!“, lacht Julian und bietet mir eine Zigarette an. „Aber bitte nicht meine Umgedrehte, denn die erfüllt Wünsche!“, erklärt er mir lächelnd und für einen kurzen Moment glaube ich auch an die magische Kraft der Zigarette, denn „I love Sunday“ konnten sich in kurzer Zeit so viele Wünsche erfüllen, dass es schon ein wenig stutzig macht. Dabei hat alles ziemlich bescheiden angefangen. Julian erinnert sich: „Für unsere ersten Partys in Worms haben wir noch alle Gastronomien durchtelefoniert um einen Veranstaltungsort zu finden“. Mittlerweile sind die „I love Sunday“ Open-Airs in der Heimatstadt überregional bekannt und bringen mit Acts wie Lexy oder Amir bis zu 1000 Menschen zum Tanzen. „Das Gefühl ist unbeschreiblich. Da stehen da so viele Leute und die Hälfte von denen kennst du auch noch. Und das alles an einem Platz, an dem du aufgewachsen bist. Es ist der Wahnsinn was passiert ist“, erklärt Chris. Anscheinend gibt es Etwas, das dieses DJ-Duo von ihren Mitstreitern unterscheidet und ich erinnere mich wieder an die Afterhour auf der Terrasse.

Im Vergleich zu anderen aufstrebenden DJs sind „I love Sunday“ nicht nach Berlin gekommen, sondern Berlin hat sie sich geholt. Vor zwei Jahren hatten die beiden ihren ersten Gig in der Hauptstadt, unbezahlt und unangemeldet auf der „Fete de la musique“. „Wir haben einfach Boxen aufgestellt und angefangen zu spielen. Am Anfang waren da vielleicht 30 Leute und eigentlich haben wir gedacht, dass sich der weite Weg nicht gelohnt hat. Nach einer Stunde merkten wir, das gerade etwas passiert. Am Ende feierten 500 Menschen mit uns und die Polizei musste die Straße absperren. So Etwas haben wir noch nie erlebt.“, beschreibt Chris den ungewöhnlichen Auftritt, der ihnen dann auch ihr erstes großes Booking in der Hauptstadt bescherte. „Wir wussten ja überhaupt nicht, dass der Arena-Club so groß ist. Erst als eine Berliner Freundin mich vorher ungläubig fragte, ob das mein Ernst sei, habe ich realisiert wie krass dieses Booking überhaupt war.“ eklärt Julian. Am Ende standen beide mit freiem Oberkörper auf dem Mainfloor und stellten den Laden völlig auf den Kopf. „Ich kann mich noch erinnern, dass irgendwann das Bier an den Technics aufgemacht wurde und der Schweiß von der Decke tropfte“. Den ersten Auslandsgig organisierte er eines Morgens freudetrunken auf der Terrasse des Robert Johnson, als er zufällig mit Bengy von K101, einer Tochterfirma von Richie Hawtins Minus-Label, ins Gespräch kommt. Diesen Sommer fliegen sie wieder für mehrere Auftritte nach Malta. Einfach so. Ich habe den Eindruck, dass „I love Sunday“ ihre Karriere nicht am Reißbrett planen, sondern durch den Umgang mit Menschen versuchen ihren Weg zu finden. In einer Stadt voller DJs, die mit Ellbogen um ihren Platz kämpfen ist das die Ausnahme. Die Liebe zur Musik ist die treibende Kraft. Am 15. Juli spielen sie wieder in der Arena, und das mit der Glückszigarette mache ich ab sofort auch.

Daniel Penk

Editorial Clip:

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Styling • Concept • Production Haniball Saliba
Photographer Robert Klebenow

Haniball Saliba

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