Openlate nigthfight

von Sara Jolitz


Alle kennen sie. Alle lieben sie. Und irgendwie braucht man sie auch. Spätverkäufe sind aus dem Berliner Nachtleben nicht wegzudenken. Sie sind essentiell und manchmal überlebenswichtig. Auf einen Club kommen in Berlin fünf Shops, liebevoll Spätis genannt.

Obwohl sie in ihrer geballten Präsenz erst seit einigen Jahren existieren, sind sie zum authentischsten Schauplatz nächtlicher Eskapaden geworden. Der Späti bedeutet Vorglühen und Afterhour zugleich. Der Späti ist die Party neben der Party. Betritt man in der Nacht einen Späti, verschmilzt man für kurze Zeit mit anderen Szenen, Kulturen und Schicksalen. Schnatternde, euphorische Touristen treffen auf robustes, resigniertes Berliner Urgestein. Ja. Ich weiß. Berlin is so amazing.

Man steht in der Schlange zwischen Hippieschwaben und Pfandsammlern. Punks treffen auf szeniges Partyvolk. Und alle wollen nur das eine! Konsum! Wie es tatsächlich ist, nachts in einem Späti zu arbeiten und was man neben Tabak und Alkohol kaufen kann und ob sie wirklich alle gleich sind, hat für Euch in langen Überstunden recherchiert. Direkt vor Ort und aus dem Leben heraus.

Nummer 1: Spätkauf am Rosa- Luxemburg- Platz- Der Krisenberater

Der kleine, aber gut besuchte Spätkauf in der Torstrasse gehört zu den wenigen, die von einem waschechten Berliner betrieben werden. Der Verkäufer ist stolz auf die Verschiedenheiten in seiner Stadt und ihrer Bewohner. Er selber macht aber keine Unterschiede. Ob es die geplagten Schauspieler der Volksbühne sind, die sich in seinen Laden verirren oder ob sich die Bewohner der Sozialstation von gegenüber etwas gönnen; er hat für alle ein Ohr.

Er kennt die Schicksale seiner Mitmenschen und hat immer ein besänftigendes, erheiterndes oder mitfühlendes Wort. Was das Sortiment angeht, so sagt er, ist es wie überall! Ein paar Sorten Bier, ein paar Snacks und auch ein paar “harte” Sachen! Das brauchen alle irgendwann mal. Aber so etwas wie Kondome, Milch oder Kaffee, nein, das führe er nicht. Dafür gibt es bei ihm Kopfschmerztabletten, die allerdings nur seinen Stammkunden vorbehalten sind.

Billigstes Bier: Sterni: 0,70€.

Teuerstes Bier: Desperados: 2,50€.

Vodka: 10,99€.


Nummer 2: “Depot” – Die Luxusopenairausrüstung

Das Depot in der Eberswalder Straße in Prenzlauer Berg, gleich neben dem Mauerpark, existiert erst seit einem Jahr. Ein gemütlicher und aufgeschlossener Verkäufer türkischer Abstammung, der früher Staplerfahrer war, arbeitet hier unter dem Regime seiner Frau. Solltet ihr in Prenzlauer Berg unterwegs sein und noch spät in der Nacht das ganz besondere Bier suchen, seid ihr im Depot am Ort eurer kühnsten Träume angekommen.

Das Aushängeschild des „Depots“ ist ein riesiges Angebot an Biersorten. Über 50 verschiedene Biere kann man hier kaufen. Und so kann man die ganze Nacht vor den Regalen stehen und die bunten Plaketten angucken. Der Kundenkreis in der Nacht ist genauso unterschiedlich wie das Angebot an verschiedenen Clubs und Bars, die sich in unmittelbarer Nähe befinden (Kulturbrauerei, Delicious Donut, Mauersegler, White Trash).

Fragt man den fachkundigen TechnoOpenairgänger und Freund des Verkäufers nach dem Nonplusultra im Sortiment, so ist die Antwort für ihn klar: Das Zahnpflegeset „überall und jederzeit!“ wurde von ihm erprobt und hat sich als eine praktische „Luxusausstattung“ auf dem einen oder anderen spontanen Festival erwiesen.

Preisliste:

Sternburger Export: 0,70€;

Flasche Vodka: 10,99€;

Kondome einzeln: 1,00€, 12er Packung: 9,99€;

Packung Milch: 1,20€.

Billigstes Bier: Sterni 0,70€.

Teuerstes Bier: Smirnoff: 2,50€.


Nummer 3 : Spezialitäten am Tor – Last Minute Hair

Der Spätkauf in der Petersburger Straße in Friedrichshain, direkt am Frankfurter Tor, ist ein klassischer Familienbetrieb. Während der Vater, der vorher einen Elektrohandel besaß, als Inhaber alles drum herum organisiert, arbeiten Tochter und Sohn, neben der Ausbildung, abwechselnd im Verkauf. Und natürlich, wie sollte es anders sein, all die Köstlichkeiten, die immer frisch und gerade nachts diesen Spätkauf zu einem ganz besonderen machen, werden von der Mama zubereitet.

Spezialitäten wie eingelegte Oliven, Auberginen, Pasta und Antipasta verführen gleich am Eingang, sind aber nicht genug an Kuriosität dieses nächtlichen Angebots. Haarspangensets und Hennafarbe gehören auch zum Nachtsortiment. Also Mädels, aufgepasst! Dieser Spätkauf ist sinnvoll für die ein oder andere späte Nacht, in der der Entschluss ein neues Leben zu beginnen gleich mit Frisur anfangen kann!

Ein Produkt, das weit und breit nur er führt: Börek!

Preisliste:

Sterni: 0,50€;

Vodka: 10,99€;

Kondome, nur einzeln: 1,00€;

Milch: 1,00€.

Billigstes Bier: Sterni,

teuerstes Bier: Augustiner 2,00€.

Zirka 25 Biersorten, genau weiß man es nicht.


Text Sara Jolitz

Sara Jolitz

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