Die Oranienstraße liegt wie eine Schlucht vor mir. Ich schaue sie mir an. Es ist früh, knapp sechs Uhr und das Licht noch verhalten. So auch die Menschen, die zeitig unterwegs sind. Mir fallen die geschlossenen Läden und das umrahmende Graffiti auf. Es herrscht die Ruhe bevor es richtig los geht. Der Tag beginnt. Ich wohne nicht mehr in Mitte, sondern bin nach Kreuzberg gezogen. In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich endlich in einer Gegend bin, in der ich nicht immerzu Maxim Biller treffe. Ich muss ihn endlich nicht mehr sehen, wenn ich chille, hetze, oder streite. Endlich nicht mehr, wenn ich im Park liege. Ich muss ihm endlich nicht mehr meine Einkäufe präsentieren. Endlich keine Rauchwolken mehr ins Gesicht pusten, oder mich an ihm vorbeidrängen, damit ich noch schnell vor der Straßenbahn halsbrecherisch über die Straße kann. Endlich ist der Spuk vorbei. Ich habe mich schon persönlich, vor Fremden, als Maxim Biller vorgestellt. Als Antwort erhielt ich meistens nur verwirrte Blicke. Zu guter Letzt habe ich auch nicht mehr das Stadtmagazin abonniert, in dem er eine Kolumne schreibt. So erspare ich mir Maxim Billers Gesicht und seine geistigen Auswüchse auf der Toilette sehen zu müssen. Endlich nicht mehr. Erstens lese ich überhaupt nicht mehr auf der Toilette. Zweitens hat er immer nur blödes Zeugs geschrieben. Bücher von ihm besitze ich erst recht nicht. Das erste und letzte, dass mir vor ein paar Monaten in die Hand kam, fischte ich aus dem Papiermüll. Ich legte es dort auch wieder zurück. Sonst grinst er mir noch ununterbrochen meine neue Wohnung voll. Das würde ich nicht aushalten.
Text Miron Tenenberg
Redaktion
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