Love in Berlin – Christian Rothenhagen alias deerBLN

von Lukas Kampfmann


Berliner Lokalpatriot mit Hang zum Konzeptionellen

Er ist gelernter Möbeltischler, studierter Sozialpädagoge und professioneller Grafikdesigner und Illustrator. In San Francisco sind seine Arbeiten zu finden, in Mitte gestaltete er den Carhartt-Laden und jetzt hat er für Artsprojekt eine Skateboard-Serie designt. So vielschichtig wie seine Biografie ist auch die Kunst von Christian Rothenhagen. Wo andere jedes beschissene Tierchen als Streetart deklarieren, verschönert der Designer mit seinen aufwändig gestalteten Kacheln unter dem Namen „deerBLN“ unsere Stadt. proud traf den Künstler frisch nach seiner fünfwöchigen Galerie-Tour durch Kalifornien.

Welche Ambitionen hast Du um Kacheln ins Straßenbild zu kleben?

Meine Ambition ist ganz klar, meine Stadt zu verschönern und zu zeigen: In Zeichnungen, auf T-Shirts, Boards, Installationen, wo auch immer. Ich bin glücklich in der schönsten Stadt der Welt leben zu dürfen.

Und die Motive?

Erstmal die Stadt, also Berlin: Architektur, Brandmauern. Mein Anspruch ist hoch, klar. Oft minimalistisch, auf den Punkt gebracht, konzeptionell, Wiedererkennung, Handschrift.

Bist Du schon mal gefressen worden?

Ja, so zwei, drei Sachen gibt’s da. Zum Beispiel vor gar nicht langer Zeit, eine oder mehrere Damenjacken bei H&M kamen mit einem minimal abgewandelten Design von mir als Pattern im Innenfutter. Mal eben so als Rip- off. Naja, ich hätte ausflippen können, bin ich erstmal auch. Versuche das in dem Fall aber eher als Kompliment zu sehen.

Du bist ein echter Berliner. Magst Du die Stadt heutzutage überhaupt noch?

Ich wohne hier seit 1976. Da war ich dreieinhalb. Für mich ist die Stadt immer noch die schönste, raueste, vielschichtigste, interessanteste, unbestechlichste, kaputteste – und ehrlichste. Ich bin glücklich hier leben zu dürfen und hoffe, dass der ganze Zustrom noch bisschen was von meiner Stadt übrig lässt. Mal im Ernst, jeder und jede ist hier herzlich willkommen, aber lasst die Stadt die Stadt sein. Wer München will, soll eben in München bleiben.

Streetart ist doch mittlerweile scheiße. Wie ist es, ein Streetartist zu sein?

Ich seh mich nicht als Streetartist. Das ist ein so kaputter Begriff, der in meinen Augen eher degradiert; die Kunst und die Künstler. Ich will das bitte nicht falsch verstanden wissen, aber in einer Stadt in der sich jeder Streetartist nennt, der mal ’nen Sticker an eine Wand geklebt hat, wird der Begriff schnell zur Farce. Kunst kann so viel sein, egal ob auf der Straße, in Galerien oder eben die Straße selbst. Da gibt’s viele wunderbare Entwicklungen, Kollaborationen. Kunst im Umgang mit der Stadt, im Kontext und weit darüber hinaus.

Wie war San Francisco? Alles klar mit Deiner Crew?

Der Trip war großartig, ich habe viele Freunde getroffen und wiedergesehen, mit Künstlern zusammengearbeitet, auch in direkter Kollaboration. Das ist auch die Idee der derzeitigen Ausstellung in SF und der Künstlergruppe The Oyster Pirates: Kollaboration. Dabei sind unglaubliche Sachen entstanden. Hammer.

Kannst Du das mit irgendwas vergleichen?

Nee, vergleichen kann man das kaum, obwohl… Natürlich sind die Leute drüben auch nicht anders als hier, nur wird Kunst da eher unter dem Karriereaspekt gesehen. Also, wo du ausstellst. Okay, das ist auch hier nicht unwichtig, strenge Preispolitik et cetera. Ich sehe das alles etwas entspannter. Die Stadt ist ohnehin speziell, genauso wie Berlin. Vielleicht dahingehend doch vergleichbar. Zwei fertige Schönheiten. In SF ist alles geballter und übersichtlicher, konkreter und eben direkter.

Frische Pläne für’s frische Jahr?

Ne Menge! Es sind so um die vier, fünf Gruppenausstellungen in Planung. Allein in den Staaten mit den Oyster Pirates und mit dem deerBLN- project. Das ist eine Gruppenausstellungsreihe zu der ich Künstler einlade, etwas zum Thema “deer” zu machen, alles im gleichen Format. Derzeit sind das etwa 65 Leute aus 14 Ländern.

Interview Lukas Kampfmann

deerbln.com

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Lukas Kampfmann

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