Listen to… Tama Sumo

von Till Kolter


Artist: Tama Sumo
Title: Panorama 02
Katalog Nr: Ostgut CD 10

Kein Album habe ich im letzten Monat, vielleicht sogar im vergangenen letzten Jahr, öfter gehört, als den neuen Panoramabar-Mix. Obwohl unsere Lieblingsdrinnenbar nun seit bald fünf Jahren zum festen Bestandteil Berliner Clubkultur gehört, ist es erst die zweite Mix-CD, die unter diesem Qualitätssiegel erscheint. 4 Jahre sind seit der Nummer Eins der Serie von Cassy vergangen. Mit Spannung wird also die zweite Ausgabe erwartet und wer könnte da besseres in Frage kommen als, die Heldin der sonntagsnachmittaglichen Disco-Time und eingefleischte Kiezgöre Tama Sumo. Ich habe bisher nur Gutes von ihr gehört, ohne Ausnahmen. Leider war ich aber noch nie selber in den Geschmack gekommen ihren Mixfähigkeiten zu lauschen. Normalerweise skippt man die Alben- Promos erstmal durch und entscheidet nach dem ersten Eindruck, ob der Stoff genügend Interesse für eine Rezension geweckt hat. In Anbetracht des Markennamen „Panoramabar“ wanderte der Mix diesmal direkt in die proud-Boombox, um unser monatliches Redaktionsessen zu beschallen. Normalerweise kann Elektro- Beschallung beim Essen auf den Tod nicht leiden – abgesehen von Ambient oder Basic Channel Produktionen. Mein Magen versucht dann immer mit zu wippen und das bekommt der Verdauung nicht. Wenn überhaupt dann etwas in Richtung Klassik, aber bloß nicht zu pompös. Diesmal gewann aber meine Neugier und so lauschten wir also der Compilation. Der Redaktion gefiel es vom Introtrack von Tin Man bis zum Outro von Sound Stream. Auch meinem Magen gefiel es, ein unbestreitbares Indiz dafür, dass es sich bei Tama Sumos Zusammenstellung um moderne Klassik handelt. Zeitlose Schönheit. Während den verschiedenen Gängen unseres Essens musste ich immer wieder aufspringen, um nachzusehen was da gerade reingemixt wurde. Alle Künstler aufzuzählen, die auf dem Mix vertreten sind, wäre wohl zu viel des Guten. Gekonnt werden alte Hasen wie XDB und John Roberts mit jüngeren Produzenten wie John Daly oder Levon verwoben. Der rote Faden ist und bleibt aber die zeitlose Kunst gefühlvolle Musik zu produzieren. Die Einflüsse reichen von Detroit über Chicago und New York bis nach Berlin. So unterschiedlich der Kontext auch sein mag, die Symbiose funktioniert einwandfrei. Dabei sind so viele gute Tracks, dass es fast ungerecht ist einzelne davon hervor zu heben.

01 va – panorama bar 02 mixed by tama sumo by ideologic

Dennoch möchte ich dem interessierten Leser meine Highlights nicht vorenthalten. Weil eigentlich alles geil ist, sind aber nur zwei explizit zu nennen. Nummer Eins ist der wunderbare Song „Together“ von Oliverwho Factory. Der Name des Interpreten war mir noch nie untergekommen, steht jetzt aber ganz groß auf meiner Liste. In weiser Vorraussicht, um eine Wertsteigerung nach Veröffentlichung des Mixes habe ich mir das Teil von 2003 sofort bei Discogs bestellt. Um so größer war das Erstaunen als ich die Scheibe zu hause hatte. Während „Together“ in Tama Sumos Mix in Geschwindigkeitsgefilden jenseits der 120 BPM untergebracht ist, handelt es sich eigentlich um eine langsame Nummer, die wenn überhaupt nur ganz knapp die Hundertermarke berührt. Spielt man sie auf 45, ist sie aber zu schnell. Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig als digitalisieren und auf die gewünschte Geschwindigkeit rendern. Als Dank dafür erhält man ein Tool der Meisterklasse, das ein bisschen so klingt für mich wie ein junger Ricardo Villalobos, der sich zu lange im Darkroom einer New Yorker Schwulendiskothek amüsiert, hat. Eine Bassline, die vor Funk trieft wie der Honig eines türkischen Baklavars. Dazu eine detaillierte Drumprogrammierung und zuckersüße Frauenvocals, die dem Stück den angedeuteten Discospirit verleiht. Ganz groß! Mein zweites Highlight ist das Outro „All Night Long“ von Soundstream. Soundstream schafft es immer wieder House mit Discosoul zu kombinieren ohne, dass man sich jedoch trauen würde, dafür den doch recht schlecht konnotierten Begriff Disco-House zu verwenden. Seine Tracks sind für elektronische Musik verhältnismäßig kurz gehalten und weisen eine verblüffende Schlichtheit auf, wenn man bedenkt wie wild man die Tänzer damit machen. Soundstream-Platten sind klassische Shureshots. Die klappen immer! Dabei benötigt es nichtmal Effekte, geschweige denn Filter, wie man sie aus anderen „Disco- House“-Produktionen kennt. Das Soundstream Markenzeichen ist seine Sampletechnik. An den richtigen Stellen werden kurze eintaktige Breaks gesetzt, die sich nicht groß aufspielen, aber doch dankbare Ausbrüche aus dem überwiegenden Loopschema bieten. Und natürlich immer mit der richtigen Bassline. Das erste Mal aufmerksam auf ihn, wurde ich übrigens auch bei seinem Gig in der Panoramabar. Auf Tama Sumos Mix steuert er einen bisher unveröffentlichten Track bei, der dem Trademark Sound weiterhin absolut gerecht wird. Der Basslauf klingt sogar noch einen Tick fetziger als sonst und das will echt schon was heißen. Um die Atmosphäre perfekt zu machen ist das Ding mit jubelnden Publikumsgeräuschen verziert worden. Nice! Auch Lev sprang sofort wie von der Tarantel gestochen auf und rief mir zu was das denn sei. That‘s Soundstream, Buddy. Bisher unveröffentlicht und es wird kein Veröffentlichungsdatum genannt. Sobald dieses raus ist, werde ich mit dem Schlafsack vorm Plattenladen meines Vertrauens übernachten. Auf jeden Fall ein sehr würdiges Ende des gelungenen Panoramabar Mix Nummer Zwei, der meinen hohen Erwartungen sehr gerecht wird. Ich freue mich schon auf den nächsten Mix und ich bin mir sicher mit Tama Sumo werden die vier Jahre wie im Flug vergehen.

Uwe Krass

Die proud hat sich erlaubt Tama Sumo abzufüllen – dabei kamen einige Dinge zu Tage. Lies hier a bottle of Held Vodka with Tama Sumo

Till Kolter

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