Heroine Club – Hot as Hell
Wenn man über eine der wohl coolsten und erfolgreichsten Burlesque Connection Berlins sprechen will, sollte man direkt mit den gängigen Klischees aufräumen, denn die gehen Djamila (Vega Vargas) und Tara (Tara la Luna) gepflegt an ihren überaus attraktiven Ärschen vorbei.
Zugegeben, das mit diesen Nippelpads und der verruchten Musik ist ein alter (Achtung Wortwitz:) Federhut. Gehört ja quasi zu Berlin wie das Curry 36, nicht zuletzt dank der Goldenen 20er. Aber die beiden Ladies verkörpern eben weder verstaubte Auszieharien noch das, was sich die Vorstadtgesellschaft unter einer Art pornographischen Moulin Rouge vorstellt.
Vor 4 Jahren gründen die beiden Berufs-Nackedeis Deutschlands erste und überaus erfolgreiche Agentur „Heroine Artists“ Event und Artist Agency.
Performer, Male – und Female Models, Makeup Artists und Stylisten bekommen hier eine Plattform, um ihre Kunst auszuleben. Und die Hütte brennt. Nicht nur weil den meisten Leuten sicherlich der Hang zum „ Verbotenen“ und „Verruchten“ mehr inne wohnt, als sie es glauben oder zugeben. Die Nachfrage steigt einfach immer weiter, weil das Konzept aufgeht.
„Die Burlesque Performer, die wir aufnehmen, gehören zu den Besten“, so Tara. Die nennt sich auf der Bühne und als Model Tara la Luna und man weiß, wenn man sie ansieht nie genau, ob man eine Domina oder die nette Freundin, die einem nach durchzechter Nacht selbstgebackenen Karottenkuchen ans Bett bringt, vor sich hat. Heiss! Sowie eines ihrer Latexoutfits, welches sie „auf Arbeit“ trägt und mir dabei glaubhaft versichert, ihre Mutter freut sich, dass ihr Kind mit seinem Beruf glücklich ist. Djamila stimmt zu. Die heißt als Künstlerin Vega Vargas, arbeitet aber im Gegensatz zu Tara, die in ganz Deutschland sowie international als Burlesque Performerin und Model gebucht wird, mehr als Model. Djamila ist Mutter, schön und neben der Hälfte der „Heroine Artists“ auch noch Inhaberin des Cafés Barettino in Neukölln. (Was mache ich nochmal mit meinem Leben?…).
Und jetzt mal abgesehen davon, dass ihr von Castrop- Rauxel bis zum Roten Salon der Volksbühne schon alles nieder geburlesqued (das Wort lass ich mir patentieren) habt? Was hat es mit dieser Partyreihe „ Heroine Club“ auf sich, die Ihr vor Kurzem gestartet habt? Warum seid ihr denn jetzt so viel cooler als die anderen und warum zur Hölle hab ich nicht auch so wahnsinnig lange Beine?
Als ich im Privatclub (Skalitzer Straße 85-86, 10997 Berlin) aufschlage, bin ich nach bester Manier in alles gewickelt und verpackt, was irgendwie auch nur den Hauch von
„leck mich doch am Arsch und guck nicht so“ versprüht – Nieten, Lack, mir doch egal. Meine selbstsuggerierte mega Coolness verpufft innerhalb von Minuten, als mich ein schon recht gut alkoholisierter Mitzwanziger fragt, ob ich ein Mann oder eine Frau sei. Autsch! Wohl doch ein paar Schichten zu viel Attitude aufgemalt, selbst Schuld.
Mir fällt auf, dass das Publikum extrem gemischt ist und damit meine ich nicht das „gemischt“, das manche Leute verwenden, wenn Sie die Worte Ausländer, Gesellschaft und Einwanderung in lustiges Potpourri aus Dummheiten verwandeln.
Rocker, bunt Tätowiert, neben ganz normalen H&M-Mädchen, neben gut aufgeweckten älteren Herrschaften. Dazwischen diese attraktiven Damen in ausgefallener Klamotte, wie die Künstlerin Betty Dynamite mit viel Glitzer und einer Krone aus Lippenstiften, oder die „ walking Acts“.
„Bei uns wird die Party nicht gestoppt, um eine Show zu zeigen. Wir haben jedes Mal neue Performer.“ so Tara. Dieses Mal sollten es Clea Cutthroat und Mad Kate von Bonaparte sein, die sich – ich werde jetzt wirklich sehr leienhaft- in etwas Lady Gagaesker Kostümierung an einer Leine durch den Raum bewegen und es wirkt zu keiner Sekunde auch nur irgendwie affig. Bin beeindruckt! Wahrscheinlich, weil auf dieser Party irgendwie die Regeln wegfallen, man sich wie in einer befreiten Zone fühlt und irgendwie den Eindruck hat, dass der Rock´n Roll nach jedem Stones oder Iggy Konzert wieder in eben diese Location zurückkehrt, weil er da ja eh schon immer gewohnt hat.
Was durchaus auch dem DJ des „ Heroine Club“ zuzuschreiben ist. DJ „ The Shredder“ legt an diesem Abend eine wirklich homogene Mischung aus Punk, Rock, Wave, NDW und sowas in der Richtung auf und ist ansonsten im „ Bermuda Dreieck des Schönhauserghettos“ (8mm, White Trash, CCCP) aufzufinden. Heute Abend hat er seine Lippen besonders schön schwarz angemalt. Er muss sich noch fix in die High Heels schwingen, denn er ist der Gitarrist von „ Eat Lippstick“, einem Erlebnis an Glam, Punk und Rock, anders kann mans nicht beschreiben. (Die Sängerin heißt Anita Drink. Allein für den Namen verleihe man ihr bitte einen Preis!) Alles flippt aus und tanzt vor der Bühne, die von der Band noch schriller und bunter besetzt ist als der Menschen Teppich davor. Djamila betont in unserem Interview, dass jeder (Rechte und dergleichen selbst redend ausgeschlossen) willkommen ist und es auch keinen Dresscode gibt und man eben so rumlaufen kann wie man will. Das dachte sich wohl auch Alec Völkel von „ The Boss Hoss“ und kam einfach mal ohne Cowboyhut.
Ich stehe mittlerweile an der Bar, Anita drückt mir freudig eine angesoffene Flasche Sekt in die Hand, ich bin bester Laune und habe sogar die Konfusion über mein Geschlecht aufgrund meiner Bekleidung fast verdrängt. Kurz hab ich einen Flashback zurück in die Schule, wo die coolen Kinder in der Ecke hinter der Turnhalle geraucht und geknutscht haben und man die einfach total spannend und toll und mutig fand. Wegen denen man das Rauchen angefangen hat, weil man auch mal ein Teil von den Mutigen, Spannenden, Coolen sein wollte… und ein Jahr später stand man dann dabei und fühlte sich verdammt nochmal Rock´n Roll… witzig!
+++ HEROINE CLUB +++
Jeden 2. Freitag des Monats im Privatclub, Skalitzer Str. 85 – 86, 10997 Berlin
Photos: Heinrich von Schimmer.
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