hatch kingdom

von Lukas Kampfmann


In Berlin-Friedrichshain steht das erste und einzige Stickermuseum der Welt. proud traf den Macher des „Hatch“, Street Art Connaisseur Oli Baudach, um über Sticker, Skateboarding und Star Wars zu sprechen.

Jede Subkultur hat ihre eigenen Rituale, Symbole und Orte. Für die Berliner Street Art Szene liegt einer dieser Orte in der Dirschauer Straße 16, wo Oli Baudach seit April 2008 fast 2000 Aufkleber aus seiner 20.000 Exemplare umfassenden Sammlung ausstellt. Hier ist der Eintritt frei, der Kaffee umsonst und der Vibe vom allerfeinsten. Hatch ist einen Besuch wert, Sohn.

Wie fangen wir an? Vielleicht so: Wie kommt man auf die Idee ein Stickermuseum aufzumachen?

Ich sammle schon seit Ewigkeiten Sticker. Nachdem ich 2000 nach Berlin gezogen bin, sind mir sofort die ganzen Street Art Aufkleber aufgefallen. Aufkleber sind meine Leidenschaft, und als ich gemerkt habe, dass es auf der ganzen Welt noch kein Stickermuseum gab, hab ich mich entschieden, das durchzuziehen. Neben dem Museum mach ich noch einen Sticker-Mailorder.

Bist du selbst Künstler?

Nee. Ich sehe meine Rolle als Kurator, als Archivar dieser Subkultur. Ich will dem Medium Sticker die Plattform geben, die es verdient. Viele Street Artists waren oder sind aktive Skateboarder.

Vor dem Museum hattest du einen Skateshop…wie siehst du die Verbindung zwischen Street Art und Skateboarding?

Ich denke, dass viele heutige Artists durch die Kreativität der Skateboard Kultur mit den ganzen Deck Graphics, Stickern, T-Shirt Motiven etc. seit den 70ern bis heute schon in jungen Jahren inspiriert wurden bzw. werden. Dadurch ist bei diesen Leuten der Zugang zum Kunst machen geebneter ist als bei Menschen mit einem anderen Background. Trotzdem kommt auch großartige Kunst aus anderen Ecken und Lebenswege.

Ich habe den Eindruck, die Verbindung zwischen Skateboarding und Street Art ist fast stärker als die sonst immer suggerierte Verbindung zwischen Graffiti und Street Art.

Die Skateboard Deck-Graphics, also eine Inspirationsquelle der Urban Art, wurden von den Skatern selbst designed. Firmen wie Powell Peralta oder Santa Cruz bestanden aus Skatern, die viel Liebe in die Designs investiert haben und so Einfluss auf das Ästhetik-Verständnis der heutigen Künstler hatten. Aber es ist schwer, Street Art, Skateboarding und Hip-Hop sauber zu trennen, da gibt es viele Schnittmengen.

Du hast ein Stickermuseum und einen Mailorder. Was denkst du über das Thema Kommerzialisierung von Street Art?

Fakt ist, dass sich nichts und niemand der Kommerzialisierung erwehren kann, sie findet in jedem Gesellschaftsbereich statt. Die Frage ist, wie man damit umgeht. Es ist nichts Verwerfliches daran, Geld mit einer Sache zu verdienen, die man liebt, sei es als Anwalt, Arzt oder eben 16 streets Künstler. Ein Problem wird es dann, wenn Künstler oder Brands damit zu weit gehen.

Hast du ein positives oder ein negatives Beispiel dafür? Wie siehst du Shepard Fairey oder Banksy?

Shepard Fairey und Banksy sind positive Beispiele, weil sie die Kultur geprägt haben, und weil sie trotz aller Kohle noch raus gehen und unterwegs sind. Darum geht es, unterwegs zu sein, und auf der Straße zu arbeiten. Ein negatives Beispiel ist der Adidas Urban Art Guide, wo kein Künstler gefragt wurde, sondern die Arbeiten einfach an sich gerissen wurden. Auch wenn Urban Artists ihre Kunst öffentlich machen – ich finde, allein aus Respekt ihrer Kunst gegenüber sollten sie bei jeglicher kommerzieller Nutzung gefragt werden. Und wenn das nicht möglich ist dann sollte doch wenigstens irgendeine Art von Honorierung der Kunstwelt zurückgegeben werden.

 

Dein Museum scheint mir das perfekte Beispiel, wie eine Subkultur die zwangsläufige Kommerzialisierung selbst in die Hand nehmen und damit in die richtigen Bahnen lenken kann. Wenn wir darüber sprechen, dass Arbeiten den Künstlern entrissen werden: Was hältst du von Street Art Büchern?

Auch das ist schwer zu pauschalisieren. Mich kotzen zum Beispiel die Street Art Postkarten an, die überall verkauft werden. Aber ich stehe gerade auch vor der Möglichkeit, ein Buch zu machen, und ich betreibe eine Webseite. Wenn ich das Buch mache, habe ich keine Möglichkeit, jeden einzelnen Künstler zu finden und zu beteiligen. Ich will die Arbeiten trotzdem zeigen, weil sie meine Stadt und meine Kultur zeigen. Aber gleichzeitig sollten die Einnahmen auch wieder zurück in die Szene fließen und die Kultur unterstützen. Ein anderes Beispiel zu dem Thema: Bei der JUST taking Pictures Vernissage wurde diskutiert, ob der Verkauf seiner Fotos auch eine Kommerzialisierung ist. Das halte ich für Quatsch. Lass ihn Geld machen, JUST gibt der Szene so viel! Er wird morgen sicher nicht im Hummer herumfahren.

In eine ähnliche Richtung geht die Diskussion um den Begriff „Street Art“. Ich habe viele Künstler getroffen, die den Begriff ablehnen bzw. damit kokettieren, kein Street Artist zu sein.

Mir geht Schubladendenken auch auf die Nerven. Aber in einer Schublade ist man nur dann, wenn man sich da reinstecken lässt. Ich halte die Beschäftigung, ob man nun Street Art macht oder nicht, für völlig überflüssig. Wenn die Künstler selbst nicht darauf eingehen würden, würde die Diskussion um den Begriff und seine angeblichen Attribute zusammenfallen. Letzte Frage: Auf welche 3 Websites gehst Du regelmäßig? Reclaimyourcity.net, hypebeast.com und starwars.com. StarWars.com ist der Wahnsinn, da gibt es ne Serie über Chad Vader, den kleinen Bruder von Darth Vader, der im Supermarkt arbeitet. Super.

Hatch Stickermuseum

Dirschauerstr. 16 10245 Berlin

Mi – Fr: 13:00 – 19:00

Sa – So: 14:00 – 18:00

www.hatchkingdom.com

Interview Lukas Kampfmann

Layout Moritz Stellmacher

Lukas Kampfmann

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