Drei junge Designer aus Berlin haben einen Fassadendrucker entwickelt. Mit 200 km/h schießen sie Paintball- Kugeln an Hauswände und lassen so Punkt für Punkt riesige Bilder entstehen. Ihre Maschine stammt aus der Rubrik „Terminator meets Peter Pan“: Ein überraschend kleiner Koffer schießt über ein schwarzes Kanonenrohr beharrlich bunte Bälle an die Wand, und was am Anfang wie das Ende einer wilden Party aussieht, wird nach und nach zu einem klar erkennbaren Motiv.
Der Fassadendrucker ist die Erfindung der beiden Produkt-Designer Michael Haas und Martin Fussenegger. Zusammen mit ihrem Partner Julian Adenauer haben sie nach ihrem Studium eine Firma für genau solches Männerspielzeug gegründet und arbeiten nun an der Marktreife des Roboters. Wir haben die Jungs bei ihrer Live-Demo am Kottbusser Tor besucht und über Brückenpfeiler, Begeisterung und Botschaften gesprochen.
Wie kommt man auf die Idee, einen Fassadendrucker zu bauen? Und woher kam der Einfall, dafür eine Paintball-Kanone zu benutzen?
Martin: Zunächst war es eine Beobachtung. Ich saß an einem Fluss, als mir plötzlich ein Farbfleck an einem Brückenpfeiler aufgefallen ist. Ich fragte mich, wie der da wohl hingekommen ist. Er wurde bestimmt mit einem Paintballmarkierer dort rüber geschossen. Und sofort war mir klar, wenn da ein Punkt über die Distanz angebracht werden kann, können auch viele Punkte angebracht werden. Diese richtig an- geordnet ergeben Bilder. Als Michael und ich uns einige Monate später in unserem Produktdesign-Studium was zum Thema „Architektur & Kunst“ einfallen lassen mussten, hab ich meine Beobachtung Michael erzählt. Wir beide hatten von Maschinenbau damals überhaupt keine Ahnung, aber fanden es beide irgendwie eine spannende Herausforderung. Schließlich haben wir uns in die Materie eingelesen und einfach angefangen den ersten Prototyp zu bauen.
Auf eurer Website beschreibt Ihr das Ziel Eures Unternehmens, technisch-moralische Avantgarde-Projekte zu entwickeln. Was meint Ihr damit? Welchen Anspruch verfolgt eure Arbeit?
Michael: Technik verändert das Verhalten von Menschen, beeinflusst ihre Denk- und Lebensweise und schließlich auch ihre Grundsätze. Unsere Projekte gehen auf ein freies Denken zurück, das oft aus Begeisterung erst einmal jede Schranke hinter sich lässt. Wenn alternative, unkonventionelle Ideen dann tatsächlich umgesetzt werden, entsteht manchmal eine Art Provokation, die zunächst gar nicht beabsichtigt war. Innovation bricht oft mit Tradition.
Julian: Unser Unternehmen gibt uns die Chance aus Ideen Produkte zu entwickeln. Im Moment interessieren uns vor allem robotische Apparaturen, die alternative Lösungsansätze verfolgen. In unserer Arbeit steckt Begeisterung und wir wollen, dass diese Begeisterung durch unsere Produkte spürbar wird.
Bei der Street Art Messe „Stroke 01“ im letzten Jahr habt Ihr Euren Drucker live präsentiert. Wie waren die Reaktionen der anwesenden Szene?
Michael: Auf der Stroke haben wir erste Erfahrungen mit Live-Performances vor Publikum gesammelt. Es war interessant zu spüren, wie die Zuschauer reagieren, wenn wie von Geisterhand eine Grafik an der Wand entsteht, aber richtig viel zu tun haben wir mit der Street Art Szene nicht.
Wenn alles läuft, wie Ihr Euch das vorstellt, wer wird mit dem Drucker arbeiten?
Martin: Oft schauen Wohnsiedlungen wirklich ideenlos und langweilig aus. Warum nicht das eigene Haus mal mit einer temporären Grafik bedrucken, die nach einigen Monaten wieder ausblasst? Da würde bestimmt viel Schrott dabei rauskommen, aber mit der Zeit auch viele interessante Sachen. Das ist mit der Street Art in Berlin auch nicht viel anders. Wunderbar find ich auch die Fassadenmalerei in Zentralamerika. Da sind total viele Häuser individuell von Hand bemalt – wenn auch oft mit Werbung, aber das kann sehr wohl eine Bereicherung für unser urbanes Umfeld sein. Unser Fassadendrucker könnte eines Tages ein Werkzeug für jedermann sein aktiv mitzuwirken, ohne eine Spraydose, oder Pinsel, in die Hand nehmen zu müssen.
Julian: Bis es soweit ist, werden wir unseren Drucker in Performances und Installationen verwenden.
Welche Gebäude sollten einmal von Eurer Maschine angemalt werden?
Michael: Wir wollen unbedingt die Grenzmauer zwischen Israel und Palästina bedrucken. Dort ist Platz für eindeutige Botschaften…
Julian: …hier in Berlin würden wir gerne die Glasfassade der Neuen Nationalgalerie bedrucken.
Der Fassadendrucker steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber habt Ihr Euch schon Gedanken über ein konkretes nächstes Projekt gemacht?
Michael: Wir haben eine Reihe von Projektskizzen. Da unsere Leidenschaft das Tüfteln ist, sind wir sicher, dass der Fassadendrucker nicht die einzige Druckmaschine bleiben wird.
Interview Lukas Kampfmann
Lukas Kampfmann
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