Engländer will die Superdroge

von Moritz Stellmacher


Drogen haben und hatten in fast allen Kulturen einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert, schon eine aus der Jungsteinzeit gefundene Keramik belegt den alkoholischen Genuss.

Wegen der Erfahrungen in anderen Bewusstseinszuständen, für die individuelle Entwicklung, oder als Katalysator für soziales Verhalten; Drogen sind aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Der englische Professor und ehemalige Drogenbeauftragte der britischen Regierung David Nutt ist dabei eine auf Benzodiazepinen basierende Droge zu entwickeln, die eine ähnliche Wirkung wie Alkohol haben soll, welche sich durch ein Gegenmittel allerdings wieder aufheben lasse. Außerdem verursache sie keinen Kater, oder habe negative Auswirkungen auf Leber, Magen oder Kreislauf. In Deutschland sind Benzodiazepinen verschreibungspflichtig, weil sie süchtig machen können. Nutt bestreitet das Suchtrisiko allerdings.

Klinische Versuche, die für eine Markteinführung, welche frühestens für 2012 angesetzt ist, Voraussetzung wären, würden 10 Millionen Pfund kosten. Nutt, der die Neuropsychopharmakologischen Abteilung des Imperial College London leitet, wurde im Oktober 2009 seines Amtes als Vorsitzender des Advisory Council on the Misuse of Drugs (ACMD) enthoben, nachdem er zu einem Umdenken in der britischen Drogenpolitik aufgerufen hatte. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP bezeichnete er das momentane Drogen-System als „durchweg krank und willkürlich“.

Insbesondere kritisierte er die Unterscheidung zwischen einigen legalen und illegalen Drogen, die er für künstlich hält, weil sie nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprächen.

Nutt hatte mit einem Kollegenteam eine Rangliste der 20 schädlichsten Drogen publiziert. Zwei unabhängige Expertengruppen bestehend aus Psychiatern, Polizisten und Juristen ordneten hierfür Substanzen nach den Faktoren: Gesundheitlicher Schaden, Abhängigkeit und der Auswirkung des Konsums auf die Gesellschaft.

Die Liste von 1 bis 20: Heroin, Kokain, Barbiturate, Methadon, Alkohol, Ketamin, Benzodiazepine, Amphetamine, Tabak, Burenorphin, Cannabis, Lösungen, 4-MTA, LSD, Methylphenidat, Anabolische Steroide, GHB, Ecstasy, Alkylnitrite, Khat.

Nutts Entlassung tritt in eine lange Tradition im Streit zwischen Macht und Wissenschaft, aber der in Brechts Musterstück zu diesem Thema, Leben des Galileis, geforderte Wissenschaftliche Verantwortung hat Nutt sich gestellt. Mit negativen Folgen für seine politische Kariere, aber als Anstoß zum globalen Diskurs über eine Legalisierung von Drogen.

Gesellschaftlich hat ein Wandel zur Meinung über prohibitive Maßnahmen schon lange eingesetzt.

Unsere Generation ist von medialen Vorbildern großgezogen worden, die den Rausch, wenn nicht gar glorifizieren, so zumindest tolerieren.

Kaum ein Teenagerfilm/serie kommt ohne spaßige Drogenepisoden aus, deren Folgen immer harmloser dargestellt werden. Neustes metaphorisches MDMA bekommt man im aktuellen Harry Potter Film zu sehen wo der Held ein als Liquid Luck bezeichneten Zaubertrank trinkt, glückselig wird und ihm dadurch alles gelingt. Folgen hat der Trip nicht.

Genau diese Art von Drogen, ohne negative Folgen versuchen Wissenschaftler ,wie David Nutt, zu konstruieren und sie werden erfolgreicher, denn die enormen Entwicklungen im Feld der Biochemie lassen immer kontrollierter Wahrnemungsveränderung erzeugen und Nebenwirkungen verringern. Die Frage, die sich in Zukunft stellt, ist aber eher eine philophische. Die mögliche Problemstellung ist schon von Aldous Huxleys in Schöne neue Welt skizziert worden. Hätten wir eine Droge, die Glückshormone ohne Nebenwirkungen ausschütten könnte, und uns damit jeglichen Antrieb nehmen würde, wollten wir sie? Es wäre eine Welt voll menschlicher Automaten.

Text  Moritz Stellmacher

Moritz Stellmacher

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