Wiesbaden, Ziegelei, weit draußen, Richtung Ikstadt, eine kleine private Party.
Das Bier ging aus. Komet, der Einzige der noch nicht alkoholisiert war, weil er in dieser Nacht noch zurück nach Mainz wollte. Petra, im geliehenem Auto der Eltern, von Roskilde kommend, bot mir ihren Flitzer, einen Cabriolet an, von der Tanke in 10 Kilometer Entfernung einige Six Packs Bier anzukarren. Ich machte mich auf die Piste, und konnte mir Zeit lassen, zwischendurch noch kurz einen Freund zu besuchen. Vielleicht war ich insgesamt eine Stunde unterwegs, jedenfalls war nach meiner Rückkehr der Teufel los.
Die Polizei war aus der Stadt mit Blaulicht angerückt um nach dem Auto zu suchen, dass Petras Eltern gehörte, die schon aus den Federn geholt, Auskunft über den Aufenthaltsort des Fahrzeugs geben konnten.

by Johann Zimmer
Grund, anonymer Hinweis auf eine Leiche im Kofferraum dieses Fahrzeugs. Komet hatte in der Ziegelei sein Atelier und ein 800 qm Lager aus dem auch schon mal eine Leiche zu entsorgen war. Jeder kannte meine Puppenkollagen, die für Performance Zwecken auch einmal auseinander genommen wurden und aus künstlerischem Anlass in meinem Hänger durch das Rhein Main Gebiet kutschierten.
Die Lacher waren alle auf meiner Seite. Nur die Polizei lachte nicht. Bei meiner Rückkehr war die Polizei schon unverichteter Dinge abgedampft. Irgendjemand hatte ihnen sogar meine Handynummer gegeben. Jetzt wurde nicht nur nach dem Auto sondern dazu auch noch nach mir gefahndet. Petra nahm ihr Auto in Empfang, ich stieg in meinen Mercedes Kombi beladen mit einer leicht bekleideten Schaufensterpuppe. Noch schien die Angelegenheit einen spaßigen Moment zu haben. Doch das Lachen sollte mir bald vergehen. In der Nacht zu Hause angekommen, vor meiner Haustüre stand ein Polizeiwagen, zwei Beamten waren dabei die Klingelknöpfe, ich wohnte in einem Wohnblock von vier mal acht Parteien, abzusuchen. Meine Autonummer plus Motorradkennzeichen, dass vor der Haustür stand waren schon registriert.
Jetzt wusste ich, dass ich jedem Polizeiauto ausweichen musste, plus meine Wohnung in dieser Nacht nicht mehr betreten konnte. Auch mein Laden und meine Werkstatt waren keine Zuflucht mehr. Ich war ratlos und wusste nicht wie ich die Angelegenheit werten sollte. Petra hatte inzwischen auch wieder die Ziegelei verlassen, um sich schlafen zulegen. Sie maß der Angelegenheit keine weitere Bedeutung zu, bis ein nächtlicher Anruf ihrer Eltern den ganzen Sachverhalt offenbarten, denen die Polizei zum Besten gab. Jetzt erst wurde mir ins Bewusstsein gerufen, dass auf meiner Fahrt zur Tanke, um Bier zu holen, an einer roten Ampel der Kofferraumdeckel von Petras Auto aufsprang, weil er nicht richtig verschlossen war.
Ich hatte natürlich nichts eiliger zu tun als ihn mit Eile und Wucht zuzuwerfen und davonzufahren. Der Fahrer eines hinter mir stehenden Wagens rief sofort über Handy die Polizei an, und gab die Wagennummer plus eine genau Beschreibung meiner Person zum Besten, mit der Begründung er habe in meinem Kofferraum einen Menschen oder sogar eine menschliche Leiche gesehen. Daraufhin wurde eine Fahndung bundesweit in Gang gesetzt.
Nun hatte Petra Angst ihren Kofferraum ohne Beisein einer Person zu öffnen. Der Standort des Fahrzeugs war nun nicht mehr bekannt, da sie bei einer Freundin übernachtete. Auf meinem Anrufbeantworter fand ich eine Nachricht der Polizei, die mich freundlich aufforderte, mich Herr Komet, im Polizeirevier 4 doch bitte einzufinden. Alles immer noch nicht bedrohlich doch mysteriös und unangenehm. Zu viele Fragen waren offen. Ich fragte mich, da Petra zum Unglückszeitpunkt in Roskilde war, ob es einen Toten mehr auf dem Festival gegeben hatte, und jemand einen Illegalen auf diese Weise unterschlagen wollte. Sie versprach mir in dieser Nacht am Telefon den Kofferraum bestimmt nicht alleine zu öffnen. Am nächsten Morgen traute ich mich, bei meiner Wohnung um die Ecke zum Bäcker. Unvermittelt sprach die liebe junge Bäckerin, die ich sehr gut kannte, von einer Kinderleiche, die in einer Mülltonne bei mir um die Ecke gefunden wurde. Ein Neugeborenes war vor meiner Haustür entsorgt worden. Wenn jemand mit den Kindern und Jugendlichen und jungen Frauen in der Gegend zu tun hat dann war ich es. Alle riefen, wenn ich ankam, Komet! Komet! Hatten Wünsche wie: Hast Du eine Decke für unsere neue Hölle, die Mama hat nur Gute, die sie nicht raus rückt. Hast du Geschirr für unsere Küche, oder Kreide für die Straße zu bemalen. Klar, Komet hatte immer alles.
Bewusst hatte ich niemals Kinder in meine Wohnung mitgenommen. Jetzt stand der blanke Angstschweiß auf meiner Stirn. Von meiner Leiche im Kofferraum erzählte ich der jungen Bäckerin lieber nichts, bis zur Aufklärung. Wie wird diese Aufklärung aussehn, welches Geheimnis steckt hinter der Leiche des Neugeborenen. Gab es eine Leiche in Petras Auto?
Einfach zu viele Frage um die Polizeiwache zu besuchen. Würde ich in Untersuchungshaft genommen? Wie lange würde die Lösung auf sich warten lassen, wird es jemals eine Lösung geben? Bleibt ein Restverdacht auch bei Freispruch?
Am nächsten Morgen hatte ich wieder einen kleinen Liveauftritt im offenen Kanal von Radio Quer Studio Mainz. Das Mikrophon war sofort für wenige Minuten meins. Das Openohr Festival ging zu Ende. Tausende wollten sich heute auf ihren Heimweg machen. Mit Auto, Zug, zu Fuß, Fahrrad, Motorrad. Liebe Motorradfahrer unter Euch, Komet bittet, macht es nicht wie Beethoven, bitte keine Unvollendeten. Ihr seid keine Musiker, bitte keine unvollendeten Kurven, kommt gut Heim. Noch was, bleibt dran, ich werde jetzt in einer wichtigen Sache die Wiesbadener Polizei in eurem Beisein anrufen.
Live auf Sendung; Vorbereitet habe ich die Nummer der Polizei gewählt. Hallo, hier ist der Herr Komet, bevor ich weiter rede schalten sie bitte das Radio ein 68,4 Radio Quer. Nein; Ihr habt ein Radio auf der Wache, ich rede nur weiter, wenn ihr euch selbst im Radio hört. Gut; Was ist das für eine Polizeiarbeit; bei der sie eine Leichenentsorger bitten, sich auf der Wache zu melden. Wenn ich eine Leiche hätte, wäre mein Bart längst ab, die Haare weg und ich auf der Flucht. Alles klar!! Petra hatte den Mut gefunden mit einem Freund den Kofferraum zu öffnen, um festzustellen, dass ihr Schlafsack, ihr Kissen und andere Utensilien im ersten Moment, und flüchtigem Hinsehn, tatsächlich den Eindruck eines Leichentransports aufkommen lies.
Sie hatten ein Foto gemacht und konnten sich vor Lachen nicht mehr halten. Diese Nachricht hatte mich Minuten zuvor erreicht, und mir mein Selbstvertrauen zurückgebracht und noch was, so klang es weiter durch den Äther, an alle die, die nicht soviel Zivilcourage an den Tag gelegt hätten, wie der geistesgegenwärtige Autofahrer hinter mir, in dieser Nacht, in der mein Experiment lief, danke an ihn. Nehmt euch ein Beispiel, verschließt nicht die Augen vor dem was ihr seht. Auch wenn ihr nur glaubt es gesehen zu haben. Geht nicht blind durch die Welt.
Und an die Polizei! Überdenkt eure Übermittlungsmethoden. Allen ein schönes Festivalende.
Die Polizei hatte sich noch an diesem Tag den Kofferraum selbst angesehn, auch Fotos gemacht, nach Spuren gesucht und natürlich nichts gefunden. Nach dem ich erfahren hatte, dass der Fund in der Mülltonne aufgeklärt war; habe ich die Bäckerin an ihrer Theke mit meiner Geschichte bei einer Tasse Kaffee erheitert. Den Kindern habe ich niemals einen Ton berichtet und weiter ihre kleinen Wünsche erfüllt. Meine Vorsicht ist gewachsen, doch ich hoffe, meine Spontanität nicht zu verlieren, Geschichten zu erfinden falls es nötig ist, um dumme Geschichten aufzuklären, oder ungute Dinge zu entlarven. Euer Komet!
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