Ab in den Gastro-Dschungel: Prenzlauer Berg, Helmholtzplatz, Raumerstraße. An der Eingangstür hängt ein Schild, das darauf hinweist, dass der Zutritt nur ab 18 Jahren erlaubt ist. Es handelt sich um eine Raucherbar.
„Ich selbst bin zwar Nichtraucher, aber es gibt viele Gäste die sagen, dass das eine Genussmittel mit dem anderen unheimlich viel zu tun hätte. Irgendwann musst du dich halt entscheiden.“ Daniel Hoffmann, einer der zwei Inhaber, stellt gelassen das Konzept vor: „Wenn du nach deinem Essen abends in die Cocktailbar gehst, dann gehört für viele eine Zigarre oder Zigarette auch dazu. Ich persönlich kann es nicht nachvollziehen, aber wir haben uns schon im Januar dafür entschieden.“ Da der Gastraum unter 80 Quadratmeter groß ist und selbst keine zubereiteten Speisen angeboten werden, hatten sie die Wahl. Schnell kam das „Ab 18“-Schild in die Tür und die Aschenbecher zurück auf die Tische. So hat jeder seine Laster.
Daniel hingegen setzt eher auf Schokolade. Schon damals, als er nach seinem BWL-Studium im Marketing einer Versicherung arbeitete, nahm er immer Süßes mit in die Meetings. Daher kam die Idee für den Schokoladenbrunnen, den man sich in der X Bar bestellen kann. Ein Kilo Zartbitterschokolade kommt da rein und Daniels Augen leuchten: „Wir haben sogar einen Brunnen, bei dem zwei Sachen laufen, auf der einen Seite Zartbitterschokolade und auf der anderen weiße Schokolade.“ Ihm läuft das Wasser im Mund zusammen. Obst und Süßes zum Eintunken dürfen da natürlich nicht fehlen. Vor allem Geburtstagsrunden wollen die Schokobrunnen haben, aber Daniel hat auch schon für Starkoch Kolja Kleeberg einen fertig gemacht. „Ich frage mich eigentlich, warum das noch nicht andere Locations anbieten.“
Immer wieder unterbricht der Barmann Oliver, der heute die Schicht hat, das Gespräch. Dezent fragt er, ob wir Aschenbecher bräuchten und lässt Wissenswertes über die Herstellung und Verbreitung von Spirituosen einfließen. Er wirkt wie der allwissende Telefonjoker, der nicht einmal angerufen werden muss, weil er sogar das eigenständig erledigt. „Er ist wirklich hoch motiviert,“ freut sich Daniel, „und das spüren die Gäste. Wir hatten auch Mitarbeiter, die schon lange Barkeeper waren und alles cool gemacht haben, aber am Gast überhaupt nicht gewirkt haben. Die wollten einfach nur Geld verdienen. Olli lebt dafür, er macht das immerhin auch bei sich zu Hause – und das ist cool.“ Neben den 300 Cocktails, die regulär auf der Karte geführt werden, kümmert er sich auch um die Wochen- und Quartalspecials. Für einen Cocktail wird Apfelmus verwendet, andere wiederum sind den Sternzeichen zugeordnet – skurril, aber überaus bei den Gästen beliebt. Überhaupt gibt es viele Eigenkreationen und Bar-Aktionen. Vermutlich Daniels Ideen, die der 39-jährige Berliner aus seiner Zeit im Marketing mitgenommen hat. Neues muss Neues hervorbringen.
Zwischen Daniel und seinem Partner Alexander Lobeck herrscht eine klare Aufgabenteilung. Alexander kümmert sich um das Personal und Ware, Daniel übernimmt die Büroarbeit. Den Bruch mit seiner Karriere als Angestellter zum Inhaber seiner eigenen Bar bereut er nicht: „Ich lebe hier viel intensiver“, erzählt Daniel. „Es ist wesentlich ange-nehmer, als diese ganze Firmenpolitik, die es damals gab: 80 Prozent selbstgemachte Politik und nur 20 Prozent produktive Projektarbeit. Was für eine Verschwendung! Hier ist es so, dass alle Dinge, die ich mache – egal was – eins zu eins an mich zurück kommen.“ Seit vier Jahren führen die beiden Grundschulfreunde jetzt die Bar und Daniel hat dadurch viel mehr Zeit für seine Familie, seine Freunde und für sich. Nur mit einem kommt er bis heute nicht zurecht, es platzt förmlich aus ihm heraus: „Die Unzuverlässigkeit der Leute mit denen ich hier zu tun habe. Das hat mich schockiert. Wenn du dich hier verabredest, auch mit Firmen, dann kommen die eine halbe oder ganze Stunde zu spät oder gar nicht, rufen kurz davor an und fragen, ob wir das auch morgen machen können. Eine völlig andere Philosophie der Termintreue!“ Dennoch, die Entscheidung für die Cocktailbar war richtig: „Ich hatte ja auch Angst, dass ich damals diese falsche Welt mit nach Hause nehmen würde. Wenn man acht, neun Stunden so tickt, dann weiß ich nicht, ob das so einfach abzustellen ist. Zwischenmenschliche Dinge die das Leben ja ausmachen fehlten mir damals.“ Zum Schluss gibt es noch einen Bar-Rundgang. Auf den Herrentoiletten blickt er stolz auf das großformatige Bild über dem Pissoir. Drei Frauen mit Blick auf die männliche Schritthöhe und selbsterklärenden Gesten sind darauf zu sehen. Daniel feixt ein wenig. „Das waren Kundinnen von uns, die die Idee ganz witzig fanden und jetzt eben hier hängen.“ Als Lohn gab es einen Schokobrunnen.
Und die strasserauf Ladebox? „Bei uns steht sie direkt im Barbereich. Wir haben halt auch Leute, die betrunken sind und die dann mit dem Schlüssel herumwedeln und später ist das Handy weg. Dann ist es ärgerlich. Wenn jemand bei uns etwas aufladen will, dann geht das Personal mit dem Telefon da ran, schließt es zu und behält den Schlüssel bis der Gast wiederkommt. Das ist eine saubere Sache. Die Box kommt gut an.“ Infos zu Ökostrom von strasserauf und alle weiteren Locations mit Ladebox findest du auf strasserauf.de
Text Miron Tenenberg
Bilder & Interviewassistenz Jil Berner
Miron Tenenberg
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