Bot’Ox – Babylon By Car EP

von Daniel Felleiter



Die beiden Jungs von Bot’Ox kultivieren eine merkwürdige Vorliebe für Automobile. Bereits im Video zu “Blue Steel“, nebenbei einer der bezauberndsten Zeitlupen-Tracks von 2009, fuhr ein dunkler Kombi über einsame Feldwege und rammte dabei Planschbecken und andere aufblasbares Gegenstände. Was das ganze mit der Musik zu tun hatte: Ein Rätsel. Nun haben Bo’tox, dahinter verbergen sich Labelchef Cosmo Vitelli (I’m a Cliché Records) und Julien Briffaz von Tékel, das Cover ihrer neuen EP mit einem Schwarzweissfoto geschmückt, bei dem wohl jeden überzeugten Golf-II Liebhaber schmerzvolle Nostalgie überkommt.

Es zeigt die zertrümmerte Fahrerkabine ebenjener Tuning-Legende, ohne die so manche Provinzjugend wohl noch um einiges trostloser verlaufen wäre. Zum Glück wird man dafür musikalisch mehr als ausreichend entschädigt. Auf dem Titeltrack hauen die beiden Franzosen mal eben eine Disco-Bassline raus, die sich gewaschen hat und bei der wohl sogar Andy Weatherall und Etienne de Crecy vor Neid erblassen würden. Überhaupt hat hier scheinbar jemand seine Lektionen von Weatherall gelernt, der Track wird in den Mitten und Höhen von einem simplen aber effektiven E-Gitarrenlick und präzise getimten Synth-Gewitter verfeinert.

Auf der B-Seite “Tragedy Symphony” wird zwar in Sachen BPM etwas runtergeschaltet, aber auch hier regiert Verdichtung und Schwüle wie in einem Studio 54 Peaktime-Phantasma für Zuspätgeborene: Wieder eine fette Bassline, die sich sofort unerbittlich in Kopf und Beine fräst, dazwischen eine retrofuturistische Synthesizer-Hookline und die Stimme von Mark Kerr, die in puncto Düsternis und Verruchtheit garantiert auf keinen Vocoder angewiesen ist. Alles in allem eine Disco-Dramaturgie, die ihre Vergangenheitsbezüge selbst niemals zu wichtig nimmt, immer auf den Punkt produziert ist und in jeder Sekunde spannend bleibt. An dieser Platte wird man diesen Herbst mit Sicherheit auf keiner Tanzfläche vorbei kommen, die über den puristisch-minimalen Tellerrand hinausblickt.

Daniel Felleiter

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