FashionFashionFashion. So klingt es dieser Tage in aller Ohren. Hurra, der Winter hat einen Sinn. Gut dass ich ihn doch nicht in Kapstadt verbringe. It’s Fashion-Time my Dear. In Berlin. Der Stadt, die zwar arm ist, dafür aber von einem Partybürgermeister regiert wird. Und da haben wir auch schon den Grund, weswegen es in einer Stadt, die mehr Schulden hat als Karl Lagerfeld iPods, modemäßig nicht nur mehr im Kleinen, sondern jetzt auch im Großen so was von abgeht. Aber hallo.
Jedes Jahr strömen sie nun in die Stadt – die Models, Designer, Modejournalisten, Trendscouts, Stylisten, Einkäufer und die, die einfach dazugehören. Der durchschnittliche BMI sinkt schlagartig um mehrere Punkte, jeder Normalo fühlt sich in dieser kurzen Zeit der Berlin Fashion Week irgendwie fett und hässlich. Sollen wir das jetzt gut finden? Ja, verdammt. Und wie! Endlich wird Berlin zu dem, was es einmal war; einer Modemetropole, die auf der ganzen Welt (siehe Globalisierung) beachtet und geachtet wird. Damals war’s, in den goldenen Zwanzigern, in denen die Reichen und Irmgard Keuns „Das kunstseidene Mädchen“ in die große Stadt kamen, um sich vom puren Leben mitreißen zu lassen. Wir alle wissen: Zu einem schönen Leben ge- hört schöne Mode, die hier seit dem neunzehnten Jahrhundert blühte und gedieh.
Und dann kam der Krieg und dann der Frieden und dann war Berlin in Ost und West geteilt, wobei aber auch der Westen irgendwie im Osten lag. Etwa fünfundvierzig Jahre lang war Berlin als Modemetropole also komplett zu vergessen. Auch nach der so genannten Wende änderte sich daran erstmal nichts. Obwohl nun genug Platz für alle Kreativen vorhanden war, waren durchaus nur wenige wirklich kreativ, die sich günstig in Hinterhöfen einmieteten und dort eine Siebdruckwerkstatt betrieben. Relativ rasch kristallisierte sich aus dem chaotischen Haufen Jungdesigner aber eine Szene heraus, die Trends aufspürte, selbst erschuf und umsetzte. Berlin ist seither im Auf-, Um- und Durchbruch begriffen und zieht kreative Menschen aus aller Welt an, die den Puls der Stadt stets rasend halten.
Die Mode ist die gemeinsame Sprache, der individuelle Ausdruck und ein entscheidender Teil Lebensart. Dabei kleidet sich jeder so, wie es ihm gerade passt. Während in Paris Haute Couture quasi vorgeschrieben ist, heißt es in Berlin und dessen einschlägigen Streetwear-Blogs stattdessen: gebraucht, Second Hand, selbst gemacht und Vintage. Gut, der ein oder andere Boss-Mantel ist auch dabei. Mode aus Berlin ist vielseitig. Das Motto lautet: Wer nicht im Grau der Stadt versinken will, muss auffallen – je oller, desto doller. Stellt man sich abends in die Schlange vor das Berghain, kann es passieren, dass man in Jogginghosen bessere Karten hat als mit der Gucci- Clutch.
In einer Stadt, in der so rasant Trends gesetzt werden und die sich ständig in der Veränderung befindet, ist es nur logisch, dass diese immer mehr ins öffentliche Interesse rückt. Nicht zuletzt überraschte Berlin damit, dass es die Bread & Butter zurück nach Hause holte. In your face Barcelona, in your face!
Schon im Sommer öffnete Tempelhof seine sonst so verschlossenen Tore und tat mal etwas sinnvolleres als einfach nur ungenutzt rumzustehen. Es lud ein die neue Street- und Urbanwear zu beschauen. Jetzt hoffen wir natürlich, dass es mehr war als nur Appetitmache und freuen uns schon auf die Herbst- und Wintertrends 2010, die hier in der Zeit vom 20. bis zum 22. Januar von zahlreichen großen, aber auch kleinen Ausstellern präsentiert werden – Platz gibt es immerhin genug. Das überdachte Flugvorfeld wird mit massig Kunststoffplane, Edelstahlrohren, und was man sonst noch so zum Bauen benötigt, Wände bekommen und so jedem, der will, Raum zur Präsentation geben.
Zur selben Zeit, aber einen Tag länger, findet noch ein zweites Modegroßevent in Berlin statt. Die Mercedes-Benz Fashion Week Berlin am Bebelplatz. Okay, über die geschichtsträchtige Location kann man sich streiten; über die Veranstaltung nicht. An den vier Tagen geben sich alle, die in der Modebranche etwas zu sagen haben, die Klinke in die Hand und präsentieren mehr neues Zeug als man es je in einem Leben tragen oder sich auch nur leisten könnte.
Und noch mehr Fashion wartet auf. Eine weitere Messe gesellt sich in die- sen Tagen zu den anderen.
In den Rathenau-Hallen, direkt an der Spree, in denen noch im Sommer die Boss-Orange-Schau stattfand, lässt sich nun die JAM nieder. Eine Denim- Messe. Ob das spannend ist, kann man hinterher entscheiden. Fakt ist: Berlin kommt nicht jetzt erst aus den Puschen, es wird erst jetzt entdeckt. Und das wissen wir nicht erst seit Suzy Menkes (die Frau, deren Meinung zählt) im Sommer.
Tina Thiede
layout Vinzent Britz
Redaktion
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