Viele Leute träumen von ihrem eigenen Ding, bleiben jedoch weiter in ihrem Bürojob sitzen. Andere stehen auf, glauben an ihre Vision und ziehen es einfach durch. Und stehen dann zum Beispiel in einer der interessantesten Galerien Deutschlands, die sie ihr Eigen nennen. Wie beispielsweise Coskun Gueven in der ArtyFarty Galery im Belgischen Viertel in Köln.
Schwerpunkt der Galerie ist junge, zeitgenössische Urbane Kunst, und so geben sich Szene-Größen wie Jeremy Fish, Niels „Shoe“ Meulman oder ROA die Klinke in die Hand. Die gezeigten Arbeiten repräsentieren den Geschmack von Coskun, dem Mastermind hinter ArtyFarty, und lassen gleichzeitig ahnen, wo er herkommt. „Ich habe lange die Art Division für Carhartt gemacht“ erzählt der gutgelaunte Macher. „Und mir mit der Galerie endlich einen lang gehegten Traum erfüllt“. Visionen sind dazu da, umgesetzt zu werden, so das Credo der jungen Galerie.
Das spiegelt sich auch in den Ausstellungen wieder: Die Künstler haben die größtmögliche Freiheit, ihre Ideen umzusetzen. So war beispielsweise Herrn Schulze und Wayne Horse eine Galerie zu wenig und sie zogen kurzerhand eine Wand durch den Raum: so entstanden eine weiße und eine schwarze ArtyFarty Gallery. „Der Umbau hat auf jeden Fall geflasht“ meint Coskun, was auch schon das Hauptcharakteristikum in der Künstler-Auswahl darstellt: Der Überraschungs-Aspekt. „Die Werke müssen Eindruck hinterlassen. Im Idealfall regen sie zum Nachdenken an, zum Lachen oder Weinen. Manchmal reicht es auch schon, wenn sie ein Lächeln in die Gesichter zaubern. Ich zeige hier eigentlich nur Sachen, die mir gefallen und die diesem Anspruch gerecht werden.“
Die Überraschungen sind bisher durchweg gelungen: So gab es neben klassischen Ausstellungen auch Wandbilder, Skulpturen, Live-Paintings oder das Hatch Stickermuseum aus Berlin zu sehen – selbst die legendären Souls Of Mischief oder Cody ChesnuTT spielten schon in den Kellerräumen.
Angesprochen auf die Lage im Basement erzählt Coskun lachend: „Das fehlende Tageslicht ist Vor- und Nachteil. Es kann auf langer Sicht depressiv machen, immer im Keller abzuhängen. Andererseits gibt es so keine äußeren Ablenkungen und es stellt die Kunst in den Mittelpunkt.“ Wer verstehen will, wie positiv sich die Lage im Untergeschoß auf die Ausstellungen auswirkt, muss nur einmal den Weg die dunkle Betontreppe herunter wagen. Man taucht ein in einen geschlossenen Kosmos, der nur aus tollen Bildern und netten Leuten zu bestehen scheint. „Hauptsache, die Besucher sind nicht Monster unfreundlich…“ beschreibt der Macher seine Zielgruppe. Und tatsächlich: Auf den Vernissagen trifft man auf Kunstnerds im Rollkragenpullover genauso wie auf Hipster in Röhre. Sie alle verbindet nicht nur die Kunst, sondern auch die Tatsache, dass man meist länger bleibt als geplant und sich festquatscht. „Auch mit den Nachbarn komm´ ich gut klar, speziell wenn es gerade zu den Vernissagen mal etwas voller wird.“
Dass Coskun’s Konzept aufgeht, merkt man an der steilen Entwicklung der ArtyFarty Gallery im Jahr 2011. „Wir sind jetzt mehr Leute – vorher habe ich alles allein gemacht, und jetzt haben wir diverse Strukturen aufgebaut und die dementsprechenden Leute die uns Tatkräftig unterstützen“ sagt Coskun. Die neuen Strukturen kommen auch direkt zum Einsatz: Unter dem Namen „Substitution Line“ werden vier Foto-Ausstellungen von jungen Talenten wie Robin Maddock gezeigt, der mit seiner Kamera in England SEK-Teams begleitet hat. Dazu passend wird auch ein kleiner Buchladen in der Galerie eröffnet, wo es Erstauflagen, Unikate und sonstige Specials aus Kunst und Fotografie zu kaufen geben wird.
Die größte Neuerung ist aber mit Sicherheit die ArtyFarty Bar, die am 15. Januar die ersten Gäste begrüßte und sich schnell zum Geheimtipp in der Kölner Szene mauserte. Bei Electro, Funk und Soul bewirtet Coskun mit seinem Team jedes Wochenende 500 Gäste direkt neben seiner Galerie. Die Idee ist simpel: „Die Bar hilft der Galerie kompromissloser Auszustellen. Ich hab mir lange darüber Gedanken gemacht, dass unser Grundkonzept nicht verwässert wird – denn wir haben keine Bar mit Galerie, sondern eine Galerie mit Bar“, erklärt der Multitasker die Prioritäten. Das Kneipen-Publikum, bunt gemischt zwischen 20 und 40, zieht dabei auch wieder neue Besucher in die Ausstellungsräume.
Die gute Resonanz füttert die Ambitionen der Galerie: „Wir gehen weiterhin in eine gute Richtung, entwickeln uns jeden Tag ein wenig weiter und kommen unseren Zielen näher.“ Bei allem Höhenflug der letzten Monate bleibt Coskun trotzdem auf dem Boden: „Wir sind keine herkömmliche Galerie. Wir verkaufen nicht um jeden Preis, denn Kunst ist keine Ware, da steckt viel zu viel Herzblut drin. Für mich ist das hier kein Geschäft, sondern ein Projekt.“ Ein Projekt, das sich prächtig entwickelt.
Arty Farty
Maastrichter Str. 49 50672 Köln
Paul & Lukas Kampfmann
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Lukas Kampfmann
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