proud traf Oddvar in seinem Studio zum Shooting und Interview im ehemaligen Rundfunkzentrum der DDR. Du kommst aus Hildesheim, hast einen norwegischen Vornamen und du hast in Hannover als Verlagskaufmann gearbeitet. Wie kamst du zur Musik, wie kamst du nach Berlin? Bist du nach dem Skilangläufer Oddvar Bra benannt worden?
Ja. (lacht) Mein Vater war begeisterter Skilangläufer und ein großer Fan von Bra. Musik war schon immer Bestandteil meines Lebens. Ich habe früher in einer kleinen Band Bass gespielt. Mit Freunden bin ich dann mal nach Kassel ins Stammheim gefahren. Danach verkaufte ich meinen Bass und habe mir von dem Geld meine ersten Turntables finanziert. Über meinen Kumpel Rafael bin ich in die die Goa-Szene und dann in die elektronische Musik gerutscht. Die Arbeit beim Verlag gab mir zwar finanzielle Sicherheit, war aber total konservativ, nicht kreativ oder musikbezogen. Danach beschloss ich, an der SAE Tontechnik zu studieren. Hamburg und Berlin standen zur Auswahl. Also ging ich nach Berlin (grinst), habe das Studium auch abgeschlossen und dann eine Zeit lang bei Native Instruments gearbeitet. Das war schon ganz cool, hat mir aber zu viel Zeit geraubt. Nach zwei Jahren beschloss ich, mich komplett auf meine Musik zu konzentrieren.
Normalerweise erreiche ich keinen DJ vor drei Uhr Nachmittags. Wir führen das Interview jetzt morgens um zwölf.
Ich arbeite generell lieber tagsüber als nachts. Ich wohne auch mit meiner Freundin zusammen, da will man abends halt gemeinsam essen und den Tag ausklingen lassen. Früher habe ich auch zu Hause gearbeitet. Da konnte ich nachts eh nicht so laut sein.
Du hast das Traktor Interface mitentwickelt und wurdest beim Shooting mit dem iPhone App. Hipstermatic fotografiert, das analoge Fehler der Polaroid Kameras imitiert, wo stehst du in der analog versus digital Debatte? Wie stehst du zu Vinyl?
Es ist so eine zwiespältige Sache, gerade als Labelbetreiber sollte man schon Vinyl machen, aber Geld macht man eher digital. Klar, wenn du Vinyl rausbringst, verkauft sich das digitale auf jeden Fall auch besser. Der Vinylmarkt ist einfach total schwierig. Früher haben sicher 90 % aller DJs mit Vinyl aufgelegt, heute sind es sicher unter 50 %. Das Shooting war super locker, wirklich angenehm. Die Fotos finde ich auch sehr cool.
Ist Traktor so etwas wie die “Atombombe” für die elektronische Musikwelt?
Nein, nicht wirklich. Wenn Traktor nicht entwickelt worden wäre, hätte sich der Markt mehr auf CDs verlagert. Es gibt eben keinen teureren Tonträger als Vinyl. Traktor hat das Auflegen sehr erleichtert. Ich glaube, wenn ich dir morgens Traktor beibringe, könntest du abends schon auftreten. Beim Vinyl musste man sich schon mehr Mühe geben, ich weiß nicht, wie viele Übergänge ich am Anfang zerrissen habe. Das Handwerk ist durch Traktor weggefallen, etwas schade ist das schon. Die ganze Arbeit, die man investiert hat, um mit Vinyl zu mixen, war dann praktisch umsonst. Dementsprechend kann man nur mit DJing nicht mehr so richtig erfolgreich werden. Man muss schon produzieren, um sich von anderen abzuheben. Das legt den Fokus wieder mehr auf den Musiker.
Aber um von DJ-Kollegen akzeptiert zu werden, sollte man das alte Handwerk noch beherrschen?
Nee, ich glaube nicht. Das interessiert heute kaum noch jemanden. Die Entwicklung ist nun mal in diese Richtung gegangen. Klar, ist es merkwürdig, wenn du jemanden auflegen siehst, von dem du weißt, er hat sich bis vor Kurzem kaum mit Musik beschäftigt. Dadurch kommt es beim Auflegen eben mehr auf die Trackauswahl an.
Du hast das Label Chocolate gegründet. Wie kamst du auf den Namen? Und was kriegen wir als Nächstes von dir zu hören?
Meine neue EP “Play” ist gerade rausgekommen – auch auf Vinyl. Der Labelname kam zum Teil durch die Skatermarke Chocolate – ich habe früher viel geskatet, und natürlich, weil ich Scho- kolade liebe!
Dann freust du dich sicher schon auf die belgische Schokolade, wenn du am 20.01. im “The Wood” in Brüssel auflegst!
Klar! Am 19.01. lege ich noch im Cookies zur Fashionweekparty auf.
Apropos Fashionweek, wie viel Wert legst du auf Mode?
Unter der Woche kaum, da müssen die Klamotten eher bequem sein. Wenn ich auflege oder weggehe, mache ich mir schon Gedanken, was ich so anziehe.
Wann ist Musik für dich gute Musik?
Durch das Tontechnikstudium und auch durch das Produzieren kann ich keine Musik mehr hören, ohne sie gleich zu analysieren. Es gibt Musik, die gut produziert ist, die ich dann aber vom Inhalt her nicht so sehr mag, und es gibt auch schlecht produzierte Tracks, wo ich den Inhalt, die Idee gut finde. So oder so ist die Frage nach guter Musik nicht ohne den Einfluss des eigenen Geschmacks beantwortbar. Joris Voorn hat zum Beispiel großartige Sachen produziert. Ich mag es auch, wenn natürliche Instrumente mit dabei sind. Seien es irgendwelche Bongos, ein Saxophon oder ne Trompete. So was ist bei mir in allen Produktionen zu finden. Komplett synthetische Sounds finde ich unsexy.
hier gibts die Hörprobe: oddvar.de
Did you know that oddvar is a proud talent? talents.proudmagazine.de/dj/oddvar/
Interview Jamila Hussein & Benny Gruber
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Concept • Styling • Production Haniball Saliba
Photographer Felix Krüger
Jamila Hussein
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