A bottle of Held Vodka with Dorian (Klangsucht)

von Benjamin Gruber


Das Technowochenende in Berlin ohne den Klangsucht Donnerstag im Gate ist wie Oper ohne Ouvertüre. Der sichere Hafen, die geballte Ladung, die Endzeit vor dem Wochenende für alle die, die am Freitag nicht wirklich etwas vorhaben. Der Mann, der für diese Institution steht und lebt ist einer den zumindest dem Namen nach fast jeder kennt. Einer, der seine Nächte zu Tagen macht, Dorian Mazurek.

Auf ‘nen gelungenen Abend. Prost!

Prost. Auf proud.

Was denkst du ist die größte Besonderheit der Berliner Techno- und Veranstaltungsszene?

Am Ende des Tages ist es hier immer noch so, dass du deinen größten Konkurrenten um Hilfe bitten kannst und er lässt dich nicht hängen, wenn du kein Arschloch bist.

Für mich habt ihr dieses Jahr ei-nes der schönsten Open Airs gemacht. Das auf dem Garagendach in Neukölln. Wie zur Hölle seid ihr da bitte an ‘ne Genehmigung gekommen?

Die ganze Nummer hatte wirklich ‘nen Vorlauf von fast 10 Jahren. Ich war damals, als ich noch nicht einmal richtig in Berlin wohnte da oben und habe ab dem Zeitpunkt versucht dort ein Veranstaltung zu organisieren inkl. aller behördlichen Genehmigungen. Diesen Sommer war’s soweit. Das war eine krasse Nummer, bei der wir leider auch irgendwann mal einen Einlassstop durchsetzten mussten, da wir dort echt überrannt wurden und für zu wenige Dixiklos gesorgt haben. Was übrigens auch der Grund war warum ich danach drei Tage lang mit unseren Helfern die unteren Parkdecks von Pisse befreien musste…

Cheers! Was hat dich denn damals überhaupt nach Berlin gebracht?

Ich habe bei dem House / HipHop Label Deck8 und Decktronics in Dortmund gearbeitet, wollte aber irgendwie was neues machen und ging nach Köln um dort bei einem Musiksender zu arbeiten. Da prallten leider zwei Welt aufeinander. Ich konnte mich zwischen Pocher und Milka irgendwie nicht einleben und mein ausgereiftes Autoritätsproblem sorgte dann für ein Ende meiner Fernsehkarriere. So habe ich dann auch DJ MK1 hier aus Berlin kennengelernt und er hat mich dann zu sich eingeladen. So landete ich wieder beim HipHop und arbeitet als Mädchen für alles für die Label Mikrokosmos, Def Jam und Prolletnstuff. 2002/03 war jedoch für mich der Ofen HipHop aus. Ich wollte aus dieser Massentierhaltung inkl. ständigem Schwanzvergleich raus und nach einigen Jahren mit der korrupten und verlogenen Musikindustrie, endlich was unabhängiges und authentisches machen: Eine unabhängige Musikplattform.

Wann und wie kamst du denn aus der Hip Hop Sphäre dann mit Techno in Berührung?

Das ist ‘ne kuriose Geschichte und müsste so 2001 gewesen sein. Wir sind damals Rollbrett gefahren und ich hing immer in der Bude von ‘nem Freund ab. Und meine Homies, die damals halt schon Feiern gingen, gingen eben ganz oft morgens um neun los in’s Ostgut. Für mich war das zu dem Zeitpunkt fast undenkbar, wo man denn um die Uhrzeit noch hingehen sollte. Irgendwann war’s mir dann zu bunt und ich hab mein Deck geschnappt und bin zu diesem Ostgut gerollt. Dort hab ich dann erstmal meinen Augen kaum geglaubt, als da morgens ‘ne riesen Schlange stand. Ich hab mein Deck unter’n Arm geklemmt und mich hinten angestellt, wurde dann aber gleich von einem dem Türsteher nach vorn gewunken. Er schaute mich mit dem Board unter’m Arm an, schüttelte den Kopf und sagte:“ Du warst noch nicht so oft hier, oder?“ Ich antwortete wahrheits- gemäß: “Nein” und er ließ mich rein. An der Kasse das gleiche Spiel. Ein Kopfschütteln und ich hatte ‘nen Stempel auf der Hand. Also stand ich im Ostgut mit dem Skateboard unter’m Arm und schaute mir die bizarre Show die vor mir ablief an. Später suchte ich mir nach ‘ner Zeit ‘ne ruhige Ecke in der ich einen rauchen konnte und landete im Darkroom. Was ich da zu sehen bekam, muss ich ja nicht weiter ausführen. Als mir dann noch ein muskelbepackter Berg von Mann, ich glaube er hieß Jochen auf die Schulter tippte und mich an der Bar auf ‘nen Drink einlud, wusste ich erstmal nicht was ich denken oder sagen sollte. Letztlich war es der Tag, der mein Leben veränderte. Ich hatte den Technovirus gefressen. Zeitgleich hab ich dann Jascha kennengelernt, der mich mit Techno zubombte, und aus dieser Freundschaft hat sich Klangsucht entwickelt.

Heute ist ja Donnerstag und wir gehen gleich noch in’s Golden Gate zur Gegenkultur. Sag doch in ein paar Worten was zur Gegenkultur. Ja, das war damals nach der „Wir sind Park“ Geschichte. Wir, ich und Toni, ha- ben uns getrennt und er hat dann damals die Renate an den Start gebracht und ich hab mit dem Oktagon und der Gegenkultur angefangen. Irgendjemand hat es mal schön zusammengefasst und meinte, die Gegenkultur ist das Auffangbecken für alle entlaufenen Heimkinder Deutschlands. Ich glaube er meinte das als Diss, ich find aber ausbrechende Heimkinder extrem rebellisch und verdammt cool, deswegen finde ich die Umschreibung sehr treffend.

Auf die entflohenen Heimkinder!

Cheers!

Interview Benny Gruber

Images Richard Kirschstein

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zu hören auf : myspace.com/klangsuchtmusic

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Benjamin Gruber

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