In der Nacht wird viel getrunken. Eine gute Party hängt für alle auch immer vom Umsatz der Bar ab. Jonas und Theo, die beiden Musiker der Band Onkel Berni, wissen dieses Prinzip sich anzueignen. Sie steigern einfach selbst den Getränkeumsatz – in der Gewissheit, dass es das Publikum ihnen gleich machen wird. Wir treffen uns deshalb nicht in der Nacht, sondern zum frühen Abend. Die Sonne strahlt noch warm auf die Dächer von Kreuzberg und zwischen Schornsteinen und Blitzableitern machen wir es uns gemütlich. Sie sollen heute das Prinzip der betrunken Menge erklären. Ein Selbstversuch.
Jonas: Was trinken wir denn?
Wir trinken heute Vodka – Held Vodka.
Jonas: Guten Vodka soll man ja ungekühlt trinken.
Henrik: Immer 11 bis 15 Grad, optimale Trinktemperatur.
Jonas: Mit Anstoßen und blöden Trinksprüchen à la Kopf in’ Nacken?
Solange wir können, stoßen wir auch an. Blöde Sprüche aber bitte nicht!
Theo: Also mich zeichnet es aus, obwohl ich so ein Hemdchen bin, dass ich mehr vertrage als er. Das ist wirklich so. Das haben wir auch letzte Woche in München festgestellt. Ich trinke schlauer! Ich trinke ökonomischer.
Jonas: Nee, ich eigentlich. Denn ich bin nach weniger Alkohol viel dichter. Ich springe direkt an und habe keine Startschwierigkeiten, drücke aufs Vollgas und bin innerhalb kürzester Zeit auf 180.
Na dann cheers, Jungs. Sagt mal, wie oft seid ihr eigentlich auf Tour?
Theo: Wir bringen kein Album heraus und touren damit drei Wochen alle Städte ab. Wir spielen lieber jedes Wochenende. So kann man andere Dinge machen und trotzdem alles haben, was du auf einer Tour erlebst. Außer, dass wir es ein bisschen übertreiben, aber uns auch nach zwei Tagen erholen können. Dann beginnen wir wieder von vorne . Wenn du Partymusik machst, ist es halt anders. Es ist ja jede Woche eine neue Party. Wir müssen also immer da sein. Und somit macht das Trinken auch immer Spaß. Wenn du sieben Tage am Stück spielst, dann ist nach sieben Tagen auch der Punkt erreicht an dem dein Gehirn aussetzt.
Jonas: Das merkt man ja schon nach zwei Tagen. Dann will man nichts mehr trinken. Nicht mal ein Bier umsonst.
Theo: Trotzdem saufen wir eben auch für die Leute auf der Party und das macht echt Spaß.
Jonas: Deswegen war ich ja in München so betrunken, denn es waren relativ wenig Leute da und die Band vor uns, die auch gut gespielt hat, brachte bereits alle Gags, die man bei wenig Leuten machen kann. Unser Gag war dann, alles zu saufen, was uns die Leute hinstellen. Die sollten uns was auf die Bühne bringen und wir haben es getrunken. Keine Sorge, wir können das.
Anmerkung der Redaktion – Trinkt bitte nie offene Getränke, die Euch andere anbieten! Wenn Ihr Euch ein Getränk ausgeben lasst, dann besteht bitte auf ungeöffnete Flaschenware. Außerdem trinkt bitte verantwortungsbewusst! Danke.
Theo: Bei der Quantität der Auftritte passiert das einfach mal, dass man so etwas machen muss. Oh, jetzt habe ich den Vodka verschüttet! Kann ich bitte wieder auffüllen?
Natürlich. Du auch, Theo?
Theo: Das ist jetzt der Schluck, bei dem ich jetzt an Onkel Berni denke.
Na dann liebe Grüße, ich habe nämlich auch einen Onkel Bernard.
Theo: Cool. Hat der zufällig einen Schnauzbart der über den Mund geht?
Klar.
Jonas & Theo: Nee…
Doch, so einen dick und spitz zusammenlaufenden – und eine Glatze.
Jonas: Nein! Das gibt es ja gar nicht (lacht). Das ist ja mein Onkel Berni!
Nein. Das ist meiner. Ist deiner auch so… so kompakt. Meinen kannst du gar nicht umwerfen.
Theo: Da hast du Recht. Aber er ist auch ein bisschen Sack.
Jonas: Aber einen Sack kann man eigentlich gut umwerfen!
Ouh! Aber entschuldige bitte. Ich würde meinen Onkel niemals Sack nennen. Echt mal!
Theo: Berni war mein erstes Wort! Das wollen alle gleich wissen. Das letzte Mal habe ich zu der Frage nach der Namensgebung das Glas gehoben und gesagt: ‘Das ist nur für meinen Onkel Berni!’
Ich wollte diese Frage eigentlich gar nicht stellen.
Jonas: Er wollte es einfach erzählen. Prost!
Theo: Prost! Ich habe einfach daran gedacht, als wir mit dem Fahrrad die Treppen gerade hier hoch gefahren sind…
Die Treppen hoch?!
Theo: Nee, wir sind hier runterge… nee – hier hingefahren. Da kam mir…
Strafrunde! Cheers.
Theo: Aber ich vertrage ja so viel. Nee, es liegt aber auch an den… Wirklich, das Witzige daran ist… Da ich ja… Wow, ich kann jetzt aber nicht zehn Mal sagen, dass ich so viel vertrage. Dann stehe ich das nächste Mal ganz schön blöd da. Das kann ja auch mal passieren. Je nach Tagesform. Warum habe ich eigentlich gerade gar keinen Wodka?
Alle stoßen gemeinsam an. Gelächter hallt über die Dächer in die warme Luft.
Jonas: Jetzt merke ich es, da ist Alkohol drin!
Oh, das tut mir aber leid.
Theo: Also ich muss sagen, mir geht es echt gut gerade. Ich weiß ja gar nicht wie viel wir jetzt schon getrunken haben.
Halbzeit.
Jonas: Wir haben ja auch ein Video, bei dem wir viel trinken. Das ist die Bar, in der ich arbeite. Das ganze Video hat uns nur 80 Euro gekostet, weil ich dort nur zur Hälfte saufe. Es gab Wodka, Bier und Korn. Dafür ist eine 80 Euro Schnapsrechnung voll gut.
Und Cola oder so war da doch auch dabei?
Jonas & Theo: Ja, Long Island Ice Tea.
Von Long Island nach Berlin Island. Warum seid ihr eigentlich hergekommen?
Theo: Weil ich eine Zivi-Stelle brauchte.
Jonas: Ja, ich auch.
Theo: Ich hatte eine Freundin in Berlin.
Jonas: Dann ist er hierher gezogen und hatte die Freundin nicht mehr.
Theo: Nee, aber eine tolle Zivistelle in Wilmersdorf.
Jonas: Ich habe meinen Zivi auf einer Insel im Wannsee gemacht.
Was? Du hattest eine Stelle auf… auf… wie heißt das Ding nochmal? Schwanen… Schwanenwerder! In so einer fetten Villa etwa?
Jonas: Ja, genau dort. Im Stadtrandheim Schwanenwerder. Das gibt es jetzt nicht mehr. Das war ein geiler Einstieg nach Berlin. Ich habe mitten in der Natur gewohnt. Direkt auf der Insel mit privaten Strand und Segelboot in der kleinen Marina. Die kleinste Marina des Wannsees! Plus Tretboote, Ruderboote und Wildschweine.
Theo: Ich weiß sogar noch als er sich mit der Gitarre an den Schlachtensee gesetzt hat und wartete bis die Mädels kamen. Der kann so bisschen schnulzig sein. So a capella- Kram.
Jonas: Boyz II Men oder Hallelujah von Jeff Buckley. Sie kamen auch in rauen Mengen. Damals hatte ich zudem noch lange Haare.
Theo: Na dann. Cheers.
Aber mit Musik hatte der Umzug nach Berlin nichts zu tun?
Jonas: Insgesamt bin ich hier doch schon wegen der Musik hergekommen. In Hagen, wo ich aufwuchs, hast du sonst keine Möglichkeiten. Da lernst du niemanden kennen, es ist halt eine Stadt mit Fernuni, da sind sie alle nicht da. Du hast zwar eine Band und kannst überall direkt spielen, wenn du bisschen gut bist…
Theo: Da brauchst du nicht einmal ein Bisschen gut zu sein.
Jonas: Stimmt auch. Es interessiert sich aber keiner für dich. Außer Leute aus Hagen, vielleicht noch aus Bochum und Dortmund, aber dann ist da auch Schluss.
Zwischen viel Geschrei und Gespaße ist der Geräuschpegel mittlerweile deutlich höher als am Anfang. Die Flasche ist bereits fast leer und das Interview wäre eigentlich beim Ende angekommen. Wir stoßen die letzten zwei Mal an. Da holt Henrik noch eine neue Flasche.
Theo: Na zum Glück ist hier direkt das Rote Kreuz und die Caritas und die Johanniter…
Jonas: …und die Kirche ist da hinten. Da kann ich meine Sünden gleich beichten. Au. Cheers – ich bin sogar katholisch. Die Schule in die ich gegangen bin unterstand dem Erzbistum Paderborn. Ich habe sogar mit Nonnen Basketball gespielt. Meine Lieblingsnonne, Schwester Ulrike, war die Leiterin des Mädchen-Basketball-Schulteams, welches mega-erfolgreich war. Die hat uns Jungs auf dem Schulhof immer den Ball weggenommen und durch die Beine und zack!
Was hatte die denn bitte an?
Jonas: Na ihre Kutte, Alter! Die hat sie so hochgenommen. Original, ich schwöre. Da hängt die Kutte dann nicht mehr in den Knien und so hat sie durch die Beine gespielt. Leider gibt es die Nonnen dort nicht mehr, das Kloster wurde aufgelöst. Dafür ist Theo jetzt die Diskononne.
Theo: Stimmt, ich habe mir vor Kurzem ein Kleid gekauft. Ein Paillettenkleid in lila. Ich habe mich noch nie in einem Kleid davor gesehen, aber ich fühle mich darin sehr wohl. Ich kann das kaum beschreiben.
Jonas: Theo ist jetzt die schnurrbärtige Diskononne. Es gibt kein Kleid… äh, es gibt keine Frau, der das Kleid so gut steht wie Theo.
Hast du auch Frauenunterwäsche dabei an?
Theo: Nein, ich habe gar nichts an. Das ist Frauenunterwäsche! Die Frauen, die ich kenne haben nie etwas darunter.
Jonas: Dafür schütte ich jetzt mal ein. Ich habe mir hingegen bei Humana einen Bikini gekauft – und zwar in Zebraoptik. Das ist jetzt sogar unser Profilfoto bei Facebook.
Wer ist denn eigentlich der Hampelmann auf eurer Myspace-Seite?
Jonas: Icke. Das bin ich in meinem Radleranzug. Das war vor anderthalb Jahren.
Theo: Der verändert sich extrem. Der ist mal fett, mal dünn, mal bärtig, mal nackt, mal lahm, mal schnell. Der ist ein richtiger Flummi. Das nenne ich auch mal Ferandery. Ich fahre mir einen Ferandery. Das war nachdem wir… wie heißt der Billigwodka nochmal? Zarano…
Henrik: Psst! Das ist doch die Konkurrenz.
Strafrunde! Cheers. Das Trinken gehört aber auch zum festen Bestandteil eurer Shows. Macht ihr das immer?
Theo: Manchmal muss man sich überwinden, einen Schnaps zu trinken. Aber die Leute wollen wirklich auf einem Konzert mit uns trinken. Ich will ja auch mit den Leuten trinken.
Jonas: Ganz einfach. Die meisten Leute haben ein Problem damit, ausgelassen zu sein ohne etwas zu trinken. Deswegen machen wir ihnen vor, wie sie total ausflippen können und das schaffen wir auch immer. Das ist irgendwie wie eine Sozialstudie. So können wir in ganz Deutschland untersuchen, wie die Leute reagieren, wenn sie total dicht sind und einer kommt und sagt: ‘Komm schütt dir etwas in den Ausschnitt, ich leck es raus!’
So etwas hast Du schon einmal gemacht?
Jonas: Einmal, mein Freund?! Das wollen die Leute! Das ist ein Muss. Wenn wir dahin kommen, dass da etwas passiert, womit sie nicht gerechnet haben, dann muss man liefern!
Theo: Nun, ich meine… es gibt ja nunmal Alkohol… also… wenn man das… äh… also…
Mittlerweile unterhalten wir uns per Schreien. Die Sonne geht langsam unter und taucht die Welt in ungewohnte Farben. Die Gemüter reißen immer weiter aus. Das Konzept der betrunkenen Menge funktioniert einwandfrei.
Jonas: Theo, hast du etwa gerade gar nicht ausgetrunken?
Theo: Cheers.
Nicht lang schnacken, Kopf in’ Nacken!
Jonas und Theo: Jetzt hat er es gesagt. (Gelächter)
Deine Unterhose ist unglaublich. Dürfen wir ein Foto davon machen? Ganz runter die Hose und von vorne!
Jonas steht auf und lasst seine Hose fallen.
Theo: Nein, wie eine Frau das machen würde. Nein, anders!
Jonas: Könnt ihr mir bitte zwei Schnäpse servieren?
Natürlich!! Rambazamba und wir trinken mit.
Theo: Der macht doch immer irgendwann Scheiße und dann gebe ich ihm eine Ohrfeige. Ich pfeffere ihm richtig eine!
Darf ich auch? So richtig durchziehen?
Jonas: Ja, mach doch mal! Mach mal. Ja los, mach jetzt!
Zapp.
Yeah! Ich will nochmal. Ist das euer Ernst?
Jonas: Das ist mein Schauspieltalent, ich merke das ja gar nicht.
Sag mal, ihr schlagt euch?
Theo: Naja, aus dem Affekt heraus. Er hat so eine Scheiße gebaut und da habe ich ihm eine gepfeffert und dann kam er später zu mir und meinte, dass er das geil fand. Ich weiß auch, dass Jonas es beim Sex ganz geil findet, geschlagen zu werden.
Jonas: Nee, das stimmt gar nicht. Prost!
Die zweite Flasche ist mittlerweile alle. Wir stoßen mit der nächsten weiter an.
Auch gut. Grund genug noch schnell heimlich einen zu trinken. Prost. Das hat keiner gesehen.
Theo: Der hat mich letztens wirklich sauer gemacht. Und dann hat der wirklich durchgezogen.
Jonas: Ich wollte, dass er in seinem Kleid seinen Arsch zeigt.
Theo: Er hat die ganze Zeit mein Kleid hochgezogen und ich hatte nichts drunter!
Du hattest nichts drunter? Du musst Frauenunterwäsche probieren!
Ab hier gleitet das Interview ins Derbe ab. Wir prosten uns noch eine weitere Flasche zu, schreien uns an, hauen uns gegenseitig und lachen durchgehend. Später in der Nacht tritt noch der Moment ein, an dem wir uns nicht mehr gegenseitig anstoßen können. proud dankt für dieses Interview.
Miron Tenenberg
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